Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

182 Friedrich Zahn, Das Deutsche Volk. 
  
kommen wir in der Selbstdeckung des steigenden Kräftebedarfs voran und benötigen weniger 
aus fremdem Kräfte-Reservoir. Erst wenn diese Selbstdeckung in befriedigender Weise möglich 
ist, kann die m: hrfach vorgeschlagene Steuer auf ausländische Arbeiter zum Schutz des 
nationalen Arbeitsmarkts zur Erwägung kommen, kann ein derartiger Schutz des nationalen 
Arbeiters als Glied in den sonstigen Schutz der nationalen Arbeit einbezogen werden. 
II. 
Das Deutschtum im Ausland. 
Wie schon erwäbnt, war die Zuwanderung nach Deutschland nur in den Jahrfünften 
1895/1900 und 1900,1905 grösser als die Auswanderung. Sonst überwog die Auswanderung, be- 
stand m. a. W.ein Wanderungsverlust. Er bezifferte sich für die Periode 1871/1910 auf 
nicht weniger als 2,47 Millionen. Es betrug nämlich 
die natürl’che Bevölkerungsmehrung 26 339 528 
die tatsächliche Bevölkerungsmehrung 23 866 990 
mithin der Wanderungsverlust 2472 538 
Für die einzelnen Volkszählungsperioden verteilt sich diese Zahl in folgender Weise: 
mehr (+), weniger (—) zu- als abgewandert 
auf 1000 der Bevölkerung 
absolut durchschnittlich jährlich 
— 319 750 — 1,91 
— 381 181 — 1,3 
— 980 215 — 4.28 
— 329 110 — 1,38 
— 448 810 — 17 
+ 9135 + 0.35 
+ 652307 + 0,18 
— 159 904 051 
  
Soweit es sich dabei um die überseeische Auswanderung handelt, ist diese am stärk- 
sten in den Jahren 1881 und 1882 mit 220 902 und 203 585 deutschen Auswanderern gewesen. 
Seitdem ging sie mit geringen Unterbrechungen ständig zurück; im Jahre 1912 betrug sie 18545 
(oder nur 0,28 %/,, der Bevölkerung). In den letzten 3 Jahrfünften war die nachgewiesene 
ersee-Auswanderung nahezu gleich gering. Der neuerliche Wanderungsverlust kann nur durch 
Zunahme der trockenen Auswanderung über Land (z. B. Wanderung von Eisass-Lothringen nach 
Frankreich) und (bezw. oder) Abnahme der Zuwanderung verursacht sein. 
Eine nähere Kenntnis von der Ausbreitung ds Deutschtums im Auslande 
ist — obschon in Hinsicht auf die neuzeitliche Ausgestaltung der volks- und weltwirtschaftlichen 
Lage und die Beziehungen der verschiedenen nationalen Volkswirtschaften zueinander von grossem 
Belang — nicht leicht zu beschaf en. 
Natürlich kommen als „Deutsche im Ausland“ nur solche in Betracht, die ausserhalb des zum 
Deutschen Reich gehörigen Gebiets, also auch ausserhalb der deutschen Schutzgebiete sich befinden. 
Aber woran sind die Betreffenden als Deutsche zu erkennen ? An der Staatsangehörigkeit? Der Be- 
griff unterliegt vielen Irrtümern. Daher gelingt schon innerhalb des Reichs die Ermittlung der 
Reichsangehörigkeit mangelhaft, noch mangelhafter natürlich für die im Ausland befindlichen 
Deutschen bei dem dort meist viel unvollkommeneren Zählapparat. Dazu kommt aber, dass viel- 
fach, namentlich in englischen und sonstigen Kolonialgebieten sowie in den mittel- und südameri- 
kanischen selbständigen Staaten, die Aufnahme in die dortige Staatsangehörigkeit und die Preis- 
gabe der deutschen Staatsangehörigkeit sehr erleichtert 'st. und die wenigsten sind sich bewusst, 
dass sie mehrere Staatsangehörigkeiten nebeneinander besitzen können. Überdies stellen die als 
„deutsche Reichsangehörige‘“ im Auslande ermittelten Personen auch sonst die Gesamtzahl des 
Deutschtums keineswegs erschöpfend dar. Es gibt genug Deutsche, die die Reichsangehörigkeit
	        
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