Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

Friedrich Zahn, Das Deutsche Volk. 189 
Was die in Grossstädten Geborenen anlangt, so bekunden sie eine bedeutende Sesshaftigkeit. 
Von der 5,4 Millionen zühlenden Grossstadt-Geburtsbevölkerung imJahre 1900 sind %, nämlich 
4 Millionen in ihrer Geburtsstadt verblieben, nur 1,4 Millionen nach auswärts gewandert. Beispiels- 
weise fanden sich damals im ganzen Reich 1 Million geborene Berliner; davon waren 772 784 der 
Reichsresidenz treu geblieben, nur 275 370 hatten ihren Aufenthaltsort "ausserhalb ihrer Geburts- 
stadt und da vielfach unmittelbar vor den Toren Berlins. 
Innerhalb des Weichbildes der Grossstädte gehen allerdings bemerkenswerte Verschiebungen 
vor. Die inneren Stadtteile der eigentlichen City erfahren fortgesetzt eine Verringerung ihrer Wohn- 
bevölkerung, die äusseren Stadtteile (die Peripherie des Grossstadtkerns und der Aussenring) eine 
um so namhaftere Vermehrung. Es vollzieht sich eine Art Aushöhlung der Grossstädte in bezug auf 
die Wohnbevölkerung der inneren Teile zugunsten der Umwandlung dieser zentral gelegenen 
Stadtteile in Amts-, Geschäfts-, Vergnügungsviertel. Soweit sich die dabei stetig wachsende Ein- 
wohnerschaft über die Grossstadtgrenze hinausbegibt und in den Vororten niederlässt, ist mit den 
wirtschaftlichen Verschiebungen zugleich eine Verschiebung der Steuerkraft, ein Verlust an steuer- 
kräftigen Elementen für die Grossstadt verbunden; daher haben auch die Eingemeindungsfragen, 
die Gründung von Zweckverbänden, Interessengemeinschaften eine so hervorragende Aktualität 
für unsere Grossstädte. Die genannte Entwicklung stellte sich beispielsweise für Berlin, Ham- 
burg und München folgendermassen: 
  
  
  
  
  
  
  
Gemarkungs- Einwobnerzahl Einwohnerzahl Einwohnerzahl Einwohnerzahl 
Jahr fläche (nach dem jeweiligen | auf der Gemarkungs- des der Agg!omeration 
Gebietsstand am Zäh- fläche Stadtkerns !) im Umkreis von 
ha lungstag) vom 1. Dezember1871 (City) 10 km 
Berlin. 
1871 5923 | 825 937 825 937 ' 154 662 886 574 
1880 6.061 1122 330 1119 360 134 826 1250 615 
1890 6 338 1578 794 1570471 126 126 1854 494 
1900 6333 1 888 848 1865 121 101 102 2534 021 
1905 6349 2040 148 1998249 92 983 2 876 768 
1910 6352 | 2071257 2 010 703 73 730 3417 678 
Hamburg. 
1871 6344 300 504 300 504 | 156 722 435 096 
1880 6344 410 127 410 127 i 170 875 | 563 492 
1890 6344 569 260 569 260 160 403 803 884 
i900 7690 705 738 70:1671 139 221 \ 986 411 
1905 7:00 802 793 795 521 127 757 | 1112 :83 
1910 7793 | 931035 923 554 | 102 069 1270 467 
München. 
1871 3551 | 169 693 169 693 \ 49 431?) 193 044 
4709 | 230 023 | 222 418 | 48671 260 543 
1840 6 399 349 024 305 881 48 743 368 139 
ıs0 | 8636 | 499932 395 997 43 955 526 163 
1905 8756 | 538 983 3) 40 223 .2) 
1910 Ber | 596 467 | 128312 40 562 632 853 
W. 
Grössere Binnenmischung unseres Volkes nach Geschlecht, Alter, Familienstand, Haushaltung, 
Muttersprache, Staatsangehörigkeit, Religion. 
Mit der Änderung der Szenerie, mit dem vorgeschilderten Zug nach dem Westen und in die 
Städte ist mehr als ein Ortswechsel verbunden. Der ganze Habitus des Volkskörpers wurde beein- 
flusst. DieverstärkteBinnenmischunginnerhalb Deutschlands zeigt 
2) Der Stadtkern (City) umfasst inBerlin: Alt-Berlin, Alt-Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt, Fried- 
richsstadt; in Hamburg: das vom alten Festungsgürtei umspannte Gebiet; in München: die A 
?2 Zahl von 1875. 
® Wird für München nur von 10 zu 10 Jahren berechnet.
	        
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