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Friedrich Stegemann, Die Beamtenschaft.
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A. Einleitung.
$ 1. Die Beamten sind zu einem wesentlichen Teile Träger des staatlichen Organismus,
sie sind abgesehen vom Heere die Organe der exekutiven Gewalt (im weitesten Sinne). Daher Er-
haltung eines tüchtigen, leistungsfähigen und zuverlässigen Beamtenstandes ein Haupterfordernis
der Verwaltungspolitik. Hierzu ist nötig möglıchste Sıcherstellung der Beamten in rechtlicher,
wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht, also a) Regelung der rechtlichen Stellung der B. im Ver-
hältnis zum Dienstgeber (Beamten- und Disziplinarrecht), b) Fürsorge für seine Person und
.seile privatwirtschaftliche Stellung (Gehaltsfragen, Gesundheitspflege, Wohlfahrtseinrichtungen),
c)Regelung seiner sozialen Stellung (insbesondere Vereinswesen). — Stellungund Bedeutungdes Be-
amtentums in Deutschland unterscheidet sich wesentlich von anderen Staaten: die Beziehungen
der B. zur Staatsgewalt sind enger, geordneter, dauernder, als in vorwiegend parlamentarisch re-
gierten Staaten, in denen die Abhängigkeit von der jeweils herrschenden politischen Partei zum
Schaden unparteiischer Verwaltung ist. Damit unvermeidlich verbunden Ausschluss unkünd-
barer Anstellung, Bei der geachteten und gesicherten Stellung der B. in Deutschland ist durch-
weg der Andrang sehr stark, sowohl für die höhere, als auch für die mittlere und untere Laufbahn.
Für die beiden letzteren kommen in erheblichem Umfang die Militäranwärter in Betracht (als
Versorgung für ausgediente Personen des Unteroffizierstandes, in beschränktem Umfang auch
für verabschiedete Offiziere }).
B. Das Beamtenrecht.
$2. Allgemeines. Der Begriff „Beamter“ ist von der Reichs-, zumeist auch von
der Landesgesetzgebung nicht definiert, sondern wird als bekannt vorausgesetzt. Unter den Landes-
gesetzen hat das oben genannte Bayer. Beamtengesetz ın Art. 1 eine formell einengende Definition
aufgestellt. Nach allgemein üblicher Definition sınd Staatsbeamte solche Personen, welche zur
Verwaltung öffentlicher Ämter unter Übernahme besonderer Treuverpflichtung in den Dienst des
Staates getreten sind ; sie wurden früher daher auch als Staatsdiener bezeichnet. Das Versicherungs-
gesetz für „Angestellte“ zählt sie zu dieser noch weiteren Gruppe (s o.). Der Eintritt ist freiwillig und
erfolgt in der Regel zu dauerndem Dienst, und zwar in einem Staatsamt, nicht für einzelne Staats-
geschäfte. Zu unterscheiden sind Berufsbeamte und Ehrenbeamte (welche unentgeltlich und nicht
dauernd in den Staatsdienst treten), ferner Reichsbeamte und Landesbeamte, welch letztere wieder
in unmittelbare oder mittelbare zerfallen, mittelbare?) sind die ım Dienst eines staatlich anerkannten
Selbstverwaltungskörpers (Kommunalverbände, Gemeinden) stehenden B., und endlich nach
dem Inhalt ihrer Tätigkeit höhere, mittlere (im 19. Jahrhundert meist als Subalternb. bezeichnet)
und untere Beamte. \
Eine besondere Stellung nehmen die Rıchter ein, die zur Sicherung ıhrer Unabhängigkeit
besondere Garantien geniessen und die Offiziere; letztere werden nicht zu den Beamten (im Sinne
des Beamtenrechts) gerechnet, wohl aber erstere.
$ 3. Begründung des Dienst- und Amtsverhältnisses. Das Beamten-
verhältnis wird durch Anstellung begründet, über welche eine Urkunde ausgefertigt (Bestallung)
und zwar entweder vom Staatsoberhaupt oder der von diesem bezw. gesetzlich delegierten Ver-
waltungsstelle vollzogen wird. Die Anstellung ist entweder auf Lebenszeit fest oder wıderruflich,
das Recht zum Widerruf wird indes vielfach nach Ablauf gewisser Zeit aufgehoben (vgl. Bayer. Ges.
Art. 8). Auf Kündigung (gewöhnlich 3 Monate) werden häufig Beamte für untergeordnete Dienst-
leistungen angenommen. Vorbedingung für Anstellung ıst der Nachweis der erforderlichen Be-
fähıgung (Vorbildung, Prüfungen), oft auch Ableistung eines Probedienstes. Verschieden von
Anstellung ist Übertragung eines bestimmten Amtes, hierbei ist besondere Bestallung Voraus-
setzung. Durch Anstellung erfolgt gleichzeitig Aufnahme in den Staatsverband. — Die früher ın
1) Die Anstellungsgrundsätze vom 27. Juni 1907. Anstellungs-Nachrichten für Offiziere v. 30. Jan. 1913,
beide her. vom Kgl. Pr. Kriegsministerium (bei E. Mittler u. Sohn).
*) Die Abgrenzung ist vielfach nicht unzweifelhaft z. B, hinsichtlich der Lehrer an Gemeindeschulen.
(vgl. Bitter a. a. O.).