Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

1 16 Julius Pierstorff, Die Frau i in der Wirtschaft des zwanzigsten J ahrhunderts. 
A — m ne —n —. 
  
  
  
  
  
  
  
Ehe durchaus geboten erschien. Beseitigt wurde die eheliche Vormundschaft oder die eheliche 
Gewalt des Mannes und auch der verheirateten Frau vollkommene Geschäftsfähigkeit zuerkannt. 
Nur kann, wenn die Frau sich zu einer von Ihr ın Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet hat, 
durch welche die ehelichen Interessen beeinträchtigt werden, das Vormundschaftsgericht den Mann 
zur Auflösung des Vertrages ermächtigen, doch ıst die Frau gen den Missbrauch dieses ehe- 
männlichen Rechts geschützt. Ausserdem bleibt die Frau bei Übernahme einer Vormundschaft 
an die Zustimmung des Mannes gebunden. 
Die Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft besteht gleichermassen für beide Teile. 
Hingegen steht in allen das gemeinschaftliche Leben betreffenden Angelegenheiten dem Manne die 
Entscheidung zu, insbesondere bestimmt er Wohnort und Wohnung, nur missbräuchliche Ausübung 
des ehemännlichen. Entscheidungsrechts entbindet die Frau von der Pflicht der Folgeleistung. 
Zur Leitung des Hauswesens ıst die Frau berechtigt wie verpflichtet, zu Arbeiten im Hauswesen 
nur verpflichtet, soweit eine solche Tätigkeit nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich 
ist. Ihrem Rechte zur Leitung des Hauswesens entsprechend steht der Frau die sogenannte Schlüssel- 
gewa t zu. Kraft dieser ist die Frau berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Ge- 
schäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. 
Die Frau hat ihrem Manne gegenüber Anspruch auf standesgemässen Unterhalt. Umgekehrt 
schuldet die Frau dem Manne den standesgemässen Unterhalt nur, wenn er ausserstande ist sich 
selbst zu unterhalten. 
Als eine besonders wertvolle Errungenschaft erscheint die ım B.G.B. erfolgte einheitliche 
Regelung des ehelichen Güterreehts, weil bis dahin auf keinem anderen Rechtsgebiete eine gleich 
grosse Mannigfaltigkeit der Rechtsbildung herrschte, als auf diesem. Als allgemeiner gesetzlicher 
Güterstand wurde dasjenige System gewählt, welches ohnehin schon in dem weitaus grösstem Teile 
Deutschlands Geltung hatte, die Verwaltungsgemeinschaft. Sie schien auch dem Wesen der Ehe und 
der vorherrschenden Auffassung von ihr am besten zu entsprechen. Die Verwaltungsgemeinschaft 
gilt überall, wo sie nicht durch Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen wird. Dadurch, dass es den 
Eheleuten frei steht, vertragsmässig einen anderen Güterstand zu besründen, wird abweichenden 
Anschauungen und Gewohnheiten ausreichend Rechnung getragen. Als vertragsmässige (üter- 
systeme erscheinen neben dem gesetzlichen Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft im B.G. B. 
die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnissgemeinschaft. 
Auch kann die Gütertrennung vertragsmässig begründet werden. Wird eine Ehe einem von den ge- 
nannten Systemen schlechtweg unterstellt, so gelten diejenigen Vorschriften, in welchen das B.G.B. 
ihren Inhalt regelt. Individuelle Regelung der Güterverhältnisse ist im übrigen nicht ausgeschlossen. 
Bei der Verwaltungsgemeinschaft bleibt das von der Frau eingebrachte Ver- 
mögen ihr Sondergut, doch gebührt dem Manne Verwaltung und Nutzniessung. Fällt sonach 
der Ertrag des Frauenvermögens dem Manne zu, so hat dieser dafür die ehelichen Lasten alleın zu 
tragen. Zum eingebrachten Gute gehört auch das Vermögen, das die Frau während der Ehe erwirbt. 
Die Verwaltung und Nutzniessung des Mannes erstreckt sich indessen nicht auf das Vor- 
behaltsgut der Frau. Zu diesem Vorbehaltsgut, über das der Frau das unbeschränkte 
Verfügungsrecht verbleibt wie bei Gütertrennung, gehören nicht nur die ausschliesslich zum 
persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen, 
und Arbeitsgeräte, sondern vor allem ist Vorbehaltsgut auch alles wasdieFraudure h 
ihreÄArbeitoderdurchdenselbständigen Betriebeines Erwerbsge- 
schäftes erwirbt, ferner aller Erwerb von Todeswegen und aller Erwerb aus Schenkungen, 
wenn der Erblasser oder der Schenkende bestimmt hat, dass der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll. 
Auch können darüber hinaus durch Ehevertrag beliebige Vermögensteile für Vorbehaltsgut erklärt 
werden. Aus diesem hat die Frau zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes nur insoweit beizutragen, 
als der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen angemessenen Beitrag 
erhält. Der Bestand des eingebrachten Gutes ist auf Verlangen eines der Ehegatten durch ein auf- 
zunehmendes Verzeichnis fetszustellen. 
Das Verwaltungsrecht des Mannes ist kein unbeschränktes. Denn er ist nicht berechtigt, 
durch Rechtsgeschäfte die Frau zu verpflichten und können daher Verfügungen über die Sache 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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