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albestand.
Erstens nur selten zu enteignen (etwa alle zwei Jahre einmal).
Zweitens nur solche Besitzungen zu treffen, deren Bewertung für die umliegenden Güter
wenig oder garnicht massgebend Ist.
Beide Grundsätze lassen sich vereinigen. Die polnische Aristokratie besitzt nämlich in
Posen Latifundien von gewaltiger Ausdehnung, Herrschaften von je 2000 bis 15000 Hektar Grösse.
Wegen ihrer Eigenschaft als Familiengüter und wegen ihrer ungewöhnlichen Grösse haben
solche Besitzungen ‚keinen Kurs auf dem Gütermarkt. Sie können weder von einer vorahnen-
den Spekulation erworben werden, noch lassen sich die Abschätzungen dieser Herrschaften auf
die Menge der Durchschnittsgüter übertragen. Sıe bilden mithin eine Klasse für sich, die
enteignet werden kann, ohne dass der übrıge Gütermarkt dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird.
Hierzu kommt ein weiterer Vorteil: dıe grossen Latifundienherrscher, die ihren Besitz
meist einem „Generalbevollmächtigten‘‘ überlassen, um fern von den Ostwinden Posens zu leben,
werden nach ihrer Enteignung den Erlös nur selten wieder im deutschen Osten anlegen. Und
selbst, wenn sie den Wunsch haben, werden sie schwerlich auf dem Gütermarkte einen ıhren
Ansprüchen genügenden Ersatz finden.
Entschliesst die Regierung sıch, auf dıeser Grundlage zu bauen, so wird sie das deutsche
Siedlungswerk durchführen können. Nur alle zwei Jahre braucht sie dann in die polnischen
Latifundien einzugreifen, um sıch mit einem Schlage 20- bis 30000 Hektar zu sichern. Da
sie bei solcher Politik auf dıe Enteignung mittlerer (züter vollkommen verzichten könnte, wäre
der Fiskus aus der Unruhe des Gütermarktes befreit.
Und welchen Segen würde die Regierung stiften, indem sie die polnischen Latifundien
In deutsches Bauernland und kleine deutsche Güter verwandelte. Sind doch heute noch Herr-
schaften von so ungesunder Ausdehnung vorhanden, dass ihre Existenz allein hinreicht, um
auf dem Lande und in den eingeschlossenen Landstädten das wirtschaftliche Leben stocken zu
lassen. Hier bietet sich eine Gelegenheit, Grosses für unseren Osten zu leisten und zugleich
die Zukunft der deutschen Siedlungen zu sichern.
Noch 30 Jahre Sıedlung und Besitzfestigung in unserem Osten; dann mag man getrost
die Zügel locker lassen, dann ist der deutsche Stempel unseren Grenzprovinzen fest aufgeprägt.
03. Abschnitt.
Der deutsche Kolonialbestand.
Von
Dr. Fritz Zadow,
Privatdozent an der Universität Greifswald.
I. Entstehung des deutschen Kolonialbesitzes. II. Bedeutung der Kolonien fiir die dentsche
Volkswirtschaft. ILI. Staatsrechtliche Natur der deutschen Schutzgebiete.
Literatur:
Barth, Unsere Schutzgebiete, Berlin 1910.
v. Böckmann, Die Geltung der Reichsverfassung in den deutschen Kolonien, Karlsruhe 1912.
Dernburg, Zielpunkte des deutschen Kolonialwesens, Berlin 1907.
Deutsche Kolonialzeitung, hrsg. von der Deutschen Kolonialgesellschaft.
DeutscherKolonialatlas mit Jahrbuch, hrsg. von der Deutschen Kolonialgesellschaft.
Dove, Die deutschen Kolonien, Bd. I—IV, Leipzig 1909/1913.