Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

  
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Y9yR | Fritz Zadow, Der deutsche Kolonialbestand. 
  
  
  
  
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gefasst hatte und zwar trat das zu Tage in der Ablehnung der sogenannten Samoa-Vorlage 
Die Firma Godeffroy nämlich, die bereits seit den 1850er Jahren in der Südsee eine umfangreiche 
Handelstätigkeit entwickelt hatte, war im Jahre 1880 ın Zahlungsschwierigkeiten geraten und 
musste deshalb ihre ausgedehnten Pflanzungen auf der Samoagruppe veräussern. Um dieses für den 
deutschen Handel in der Südsee so wichtige Haus zu retten und die Besitzungen nicht in englische 
Hände fallen zu lassen, beantragte der Kanzler im Jahre 1880 bei dem Reichstage die Übernahme einer 
mässigen Zinsgarantie an eine Gesellschaft, welche das Geschäft der Firma Godeffroy übernehmen und 
weiterführen sollte. Die Vorlage wurde indessen vom Reichstage abgelehnt, obgleich die Sicherung 
der deutschen Interessen auf Samoa wegen der vereinten Anstrengungen Englands und Amerikas, 
ihre wirtschaftlich das Übergewicht besitzenden Nebenbuhler zu verdrängen, doppelt wünschens- 
wert erschien. Der Besitz der Firma Godeffroy sing zwar nicht für Deutschland verloren, da die 
alsbald gegründete ‚Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee-Inseln“ auch ohne 
Zinsgarantie das Geschäft weiterführte; aber es hatte sich doch gezeigt, dass die Majorität des 
Reichstages kein Verständnis für Kolonıalpolitik hatte. Infolgedessen wandte sich Bismarck von 
weiteren kolonialen Plänen vorläufig ab; er sah ein, dass eine Regierung gegen den Willen des 
Volkes keine Kolonialpolıtik treiben kann und er hat diesen Gedanken auch später wiederholt aus- 
gesprochen, insbesondere in der Reichstagsrede vom 2. März 1885 mit folgenden Worten: ‚Ich 
habe betont, dass eine Kolonialpolitik überhaupt nur möglich ıst, wenn sie von einer Mehrheit 
des nationalen Willens mit Entschlossenheit und Überzeugung getragen wird‘“.‘) 
Bald nach der Ablehnung der Samoa-Vorlage wurde von weiteren Kreisen die Notwendig- 
keit erkannt, dass Deutschland, wenn es nıcht auf überseeische Kolonien für alle Zeiten verzichten 
wollte, die Erwerbung solcher betreiben musste. Im Jahre 1882 kam es unter Leitung des 
Fürsten Hermann zu Hohenlohe-Langenburg zur Schaffung des „Deut- 
schen Kolonıalvereiıns, welcher sıch ım Jahre 1887 mit der ‚Gesellschaft für deutsche 
Kolonisation“ zur „DeutschenKolonialgesellschaft‘ vereinigte, die seit dem Jahre 
1895 unter der tatkräftigen Leitung des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklen- 
burg steht und sıch auf dem Gebiete der deutschen Kolonisation grosse Verdienste erworben hat. 
Der kolonıale Gedanke ıst in der Weise verwirklicht worden, dass die private Initiative 
hanseatischer Kaufleute, die ın Afrıka Handelsunternehmungen, verbunden mit Landerwerb, 
begonnen hatten, den Anstoss zur Erwerbung deutscher Kolonien gab. Im Jahre 1882 zeigte der 
Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz dem Auswärtigen Amte die Absicht an, zu Handels- 
zwecken von Eingeborenen einen Platz an der Küste von Südwestafrika zu erwerben, wozu er den 
Schutz des Auswärtigen Amtes erbat. Fürst Bismarck ging, wie er verschiedentlich, besonders 
in seiner Reichstagsrede vom 26. Junı1884, ausführte, mit einem gewissen Zögern an die Sache heran, 
da er eine Abneigung gegen die Anlegung von Kolonien nach französıschem System hatte. Seine 
Absıcht ging vielmehr dahin, ‚‚die Verantwortlichkeit für die materielle Entwicklung der Kolonien, 
wie ıhr Entstehen, der Tätigkeit und dem Unternehmungsgeist unserer seefahrenden und handel- 
treibenden Mitbürger zu überlassen, und weniger in der Form der Annektierung von überseeischen 
Provinzen an das Deutsche Reich vorzugehen, als in der Form der Gewährung von Freibriefen nach 
Gestalt der englischen Royal Charters, im Anschluss an die ruhmreiche Laufbahn, welche die eng- 
lische Kaufmannschaft bei Gründung der Ostindischen Kompagnie zurückgelegt hat, den Inter- 
essenten der Kolonien zugleich das Regime derselben zu überlassen und ihnen nur die Möglichkeit 
europäischer Gerichtsbarkeit und Rechtsprechung für Europäer und desjenigen Schutzes zu ge- 
währen, den wir ohne ständige Besatzung dort leisten können“.5) Als das Auswärtige Amt an das 
englische Kolonialamt die Frage richtete, ob es seinerseits in genannter Gegend Ansprüche mache, 
wurde die Antwort ın auffälliger Weise verzögert. Lüderitz erwarb nunmehr mit Genehmigung 
des Fürsten Bismarck von eingeborenen ‚„Kapitänen‘“ mittels Kaufvertrages vom 1. Mai 1883 das 
öde, unwirtliche Küstengebiet von Angra Pequena samt allen Hoheitsrechten und dehnte seinen 
Besitz, der später den Namen Lüderitzland erhielt, so rasch aus, dass er bald einen 50 000 qkm 
  
  
  
  
  
  
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4) Cit. bei Köbner S. 53. 
6) Cit. bei Schnee S. 4.
	        
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