Fritz Zadow, Der dentsche Kolonialbestand. 235
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Wilhelmsland und Siidwestafrika die Kulturen der Eingeborenen vollständig
hinter europäischen Wirtschaftsunternehmungen zurücktreten.
In der Südsee hat sich deutsches Kapital schr erfolgreich an der Ausbeutung der reichen
Phosphatlager, von denen eın bet ächtlicher Teil nach Deutschland geht und dort ver-
arbeitet wird, betellist. Von der Insel Nauru alleın sınd ım Jahre 1911 54000 Tonnen ım Werte
von 3,3 Millionen Mark mehr ausgeführt als im Jahre 1910.
Auch die Marmorbrüche ınDeutsch-Südwestafrıka werden voraussichtlich
die in sie geset ten Erwartungen erfüllen.
Schliesslich wären noch zu erwähnen die reichen und leicht gewinnbaren süd westafrikanıschen
Diamantenlager in dem Gebiete zwischen Lüderitzbucht und dem Oranjefluss, deren Aus-
beute ım Jahre 1911 einen Wert von 23034146 Mark besass und von ausschlaggebender
Bedeutung für dıe Balanzierung des dortigen Haushaltsetats ıst.
So geringfügig die heutige Produktion der deutschen Schutzgebiete noch Ist, so lässt sıe
doch erkennen, dass hier ein weites und zukunftsvolles Feld für alle diejenigen Rohstoffe vor-
liegt, deren Deutschland zur Ergänzung seiner eigenen Volkswirtschaft und zur Stärkung seiner
Gewerbetätigkeit dringend bedarf. Wenn auch die deutschen überseeischen Besitzungen nicht zu
den naturgemäss längst vergebenen reichsten Ländern der Erde gehören, so sind sie mindestens
ebenso wertvoll wie die Nachbarkolonien der anderen Staaten. To © 0 steht nach sachverständigem
Urteil!) in seinen Produktionsbedingungen hinter der britischen Goldküste und Französisch-
Dahome nicht zurück, und Kamerun übertrifft sogar an Fruchtbarkeit ausgedehnte Gebiete
Britisch-Nigeriens und der französischen Kongo-Koloniee Deutsch-Osta frika kann sich
durchaus mit Britisch - Ostafrika messen und Deutsch-Südwestafrika ist nach
Boden und Klıma keineswegs ungünstiger als das benachbarte Britisch-Südafrika. Dasselbe
gilt von den Südseekolonien. Im übrigen lehrt ein Vergleich der wirtschaftlichen Ent-
wicklung der afrikanischen Schutzgebiete mit derjenigen der englischen Nachbarkolonien,
dass auch in den letzteren die Entfaltung in der ersten Zeit der Kolonisation nicht
schneller vor sıch gegangen ıst. Der europäische Plantagenbau steht noch in den Anfängen
seiner Entwicklung und wenn auch der Handel Deutschlands mit seinen Kolonien gegenwärtic
im Vergleich zu dem Gesamthandel noch nicht wesentlich ins Gewicht fällt, so ıst doch mit
Sicherheit der Moment vorauszusehen, ın dem dies der Fall sein wird; denn in der Schnelligkeit,
mit der sich der Handel entwickelt, stehen die deutschen Schutzgebiete über den französischen
und englischen Besitzungen. Hınzu kommt, dass Deutschland erst im Anfang seiner Erschliessungs-
politik, namentlich des Eisenbahnbauest?) steht; nach dem Fortschreiten des letzteren wird sich
aber die Anlage von Plantagen auch tiefer landeinwärts als lohnend erweisen, während sie jetzt meist
auf die küstennahen Landstriche beschränkt sind, da viele Erzeuesnisse bei dem Fehlen von Eisen-
bahnen, die cinen billigen Massentransportermöglichen, nur einen besrenzten Absatz finden können.
Mit Recht hat bereits der frühere Kolonial-Staatssekretär Dernburgi?) hervorgehoben,
dass es schon von grösster Bedeutung wäre, wenn es auch nur gelänge, einen Teil des deutschen
Bedarfs durch die eigene koloniale Produktion zu decken, sofern jener Teıl hinreichend ist, um
auf die Preisgestaltung auf dem Weltmarkte einen Einfluss üben zu können. Dann aber trägt
auch eine iede Hebung der kolonialen Produktion auf der anderen Seite dazu bei, die
Kolonie kaufkräftiger und damit wichtiger als Konsumtionsgebiet für die Erzeugnisse
der mutterländischen Industrie zu machen.
Wie gross der Vorteil ıst, den bereits heute der deutsche Handel und die deutsche Schiff-
fahrt aus den Schutzgebieten ziehen, ergibt sich schon allein aus dem Umstande, dass nach den
afrikanischen Schutzgebieten nıcht weniger als drei bedeutende sich dauernd vergrössernde deutsche
Schiffsverbindungen bestehen, die wesentlich durch den Export nach und durch den Import aus
den Schutzgebieten unterhalten werden. —
11) Hassert S. 606.
-) Nach Vollendung der bewilligten Bauten wird die gesamte Betriebslänge der afrikanischen Bahnen
rund 4560 km betragen, von denen sich zur Zeit ca. 4000 km im Betrieb befinden. Dieses Netz, zudem noch
die 438 an unge Schantung-Eisenbahn kommt, trägt wenigstens den allerdringendsten Bedürfnissen Rechnung.
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