Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

  
252 
H. Edler von Hofjmann, Kolonialverwaltung. 
  
  
GE 
das herrenlose Land verfügen, indem er davon Besitz ergreift, oder Privatpersonen die Besitz- 
ergreifung gestattet. Ehe aber das herrenlose Land in die private Verfügungsmacht übergeht, muss 
man sich mit den Interessen der Eingeborenen auseinandersetzen. Nicht nur ist ihnen ihr bisheriges 
Land zu lassen, sondern es ıst ihnen in der Nähe ihrer Niederlassungen von dem herrenlosen Lande 
soviel zu reservieren, dass auch eine stark zunehmende Bevölkerung noch auf unbestimmte Zeit 
hinaus ikre Nahrung finden würde, so ist z. B. in Ostafrika bei jeder Niederlassung das Vierfache 
des bepflanzten Landes zu reservieren. Sollte wider Erwarten doch ein Landmangel eintreten, so ist 
die Regierung berechtigt, Europäerland zugunsten der Eingeborenen zu enteignen. 
Die Eingeborenen müssen auch gegen den europäischen Landkäufer gesichert werden, der 
in der Lage ıst, durch Kauf den Farbigen ihren Besitz zu nehmen und sie heimatlos zu machen. 
Der Übergang des Landes der Farbigen auf Weisse ist grundsätzlich untersagt, nur mit besonderer 
Genehmigung der Regierung kann er in der Regel stattfinden. 
Von der Regelung der Landirage in den übrigen Schutzgebieten weicht die in Kiautschou 
mit seiner städtischen Niederlassung stark ab. Für die Landordnung ist hier besonders die beträcht- 
liche Wertzuwachssteuer charakteristisch. 
  
V. Bergwesen. 
Die Verwaltung des Bergwesens ist stark durch die Grundsätze des preussischen Berg- 
rechtes beeinflusst, nur in Südwestafrika besteht eine gewisse Annäherung an die Verwaltungs- 
erundsätze des Kaplandes. Wenn nun aber auch ın Afrika und in der Südsee der Grundsatz der 
Bergbaufreiheit gilt, so ıst auf der anderen Seite die Erteilung von Konzessionen auch zulässig und 
auf dieseWeise kommt in vielen Fällen auch der Grundsatz der Regalität, der in Kjautschou durchweg 
herrscht, zur Geltung und hebt die Bergbaufreiheit praktisch auf. Besondere Massregeln hat die 
Verwaltung in Südwestafrika für den Diamantbergbau getroffen. Um diesen auf eine gesunde Grund- 
lage zu stellen, insbesondere um Preisdrückerei zu verhindern, andererseits auch, um dem Staate 
einen Anteil an der Ausbeute zu sichern, wurde eine Gesellschaft, die Diamantregie, gebildet. An 
diese hat der Förderer seine ganze Ausbeute abzuliefern, sie besorgt dann die Verwertung. Dem 
Fiskus werden eine hohe Förderungsabgabe und ein hoher Ausfuhrzoll gezahlt. 
  
VI. Gewerbe und Verkehr. 
Das Gewerbewesen der Schutzgebiete wird nicht durch die Reichsgewerbeordnung 
bestimmt, sondern durch koloniale Normen von meist nur örtlicher Geltung, aber der örtliche 
Gesetzgeber und Verwaltungspraktiker ist doch naturgemäss durch die Rechtsanschauungen 
seiner Heimat beeinflusst und wird sie zweifellos möglichst zugrunde legen, wenn er Rechtsnormen 
erlässt oder Eintscheidungen trıfit. So gilt denn auch — nur in Ostafrika auf Grund einer Ver- 
ordnung, sonst noch ohne ausdrückliche Anerkennung — der Grundsatz der Gewerbefreiheit, der 
dann aber ın mancher Hinsicht eingeschränkt wird, so durch Begründung von Konzessionsptlichten 
für den Spirituosenhandel, den Gummihandel usw., durch Ausschluss von Waren vom Handel, wıe 
z. B. Waffen und Munition, durch Beschränkung des Wanderhandels, durch Einführung des Markt- 
zwanges in Ostafrika usw. 
Die Gestaltung des geld wesens in den Schutzgebieten ist wesentlich durch die Währungs- 
verhältnisse bestimmt, welche man vorfand. Man musste sich ihnen zum Teil anpassen, da es 
nicht möglich war, die hergebrachte durch die Reichswährung zu verdrängen. In Kiautschou blieb 
der mexikanische Silberdollar dauernd in Kurs, während man seit 1909 die chinesischen Scheide- 
münzen durch eigene Münzen zu verdrängen beginnt. In Ostafrika war die indische Rupie gesetz- 
lıches Zahlungsmittel, jetzt ıst sie durch eine Reichsrupie ersetzt, die in einem festen Wertver- 
hältnıs zur Reichsmark steht. In den übrigen Schutzgebieten stiess man nicht auf eine allgemein 
gängige Münze, sondern hier war vorwiegend Muschelgeld, Mariatheresientaler und Tauschhandel 
nebeneinander im Schwange. Hier war man in der Lage, die Reichsmarkrechnung einzuführen, 
ohne dass man den Tauschhandel damit schon beseitigt hätte. Es herrscht in diesen Schutzgebieten 
  
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.