Kolonien und Deportation.
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Auge gefasst werden kann, um Produktionsmöglichkeiten und Kolonisationskosten zu veranschlagen,
ohne in Willkür zu verfallen. Auch die den Erfahrungen anderer Staaten entnommenen Ziffern
sind als Grundlage für eine abstrakte Beurteilung nicht verwertbar. Ohne Statistik lässt sich be-
haupten, dass der Kreis der zu deportierenden Personen nicht schlechthin durch strafrechtliche
Merkmale (z. B. Verbrechensart, Rückfallsziffer u. dergl.) bestimmt werden kann. Vielmehr spielt
hier auch die körperliche Tüchtigkeit zur Kolonistenarbeit eine Rolle, denn Leute, deren Gesund-
heit durch Alkohol, geschlechtliche Ausschweifungen, Vagabundenleben zerrüttet ist, oder die sich
wegen sonstiger körperlicher Gebrechen nicht zu landwirtschaftlicher Arbeit eignen, würden die
Erreichung der Kolonisationszwecke nur hindern. Solche Gründe werden besonders bei den weib-
lichen Angehörigen des gewerbs- und gewohnheitsmässigen Verbrechertums die Auswahl sehr be-
schränken; diese werden noch mehr als die männlichen Verbrecher vorwiegend der städtischen
Bevölkerung angehören und sich noch seltener wie die männlichen Verbrecher zur landwirtschaft-
lichen Arbeit eignen. Immerhin wırd die Frauenarbeit auch in der Strafkolonie nicht ganz zu ent-
behren sein und sind weibliche Verbrecher nicht von der D. schlechthin auszuschliessen. Mit der
Frauenfrage hängt weiter die Frage der Fortpflanzung zusammen. Verbrecher und Verbreche-
rinnen liefern nur einen moralisch und physisch schlechten Nachwuchs. Auch von der D. lieder-
licher Dirnen, zu der man früher gegriffen hat, ist in dieser Hinsicht nichts Gutes zu erwarten. Da-
durch, dass die häusliche Gemeinschaft erst nach der Entlassung aus der Strafe eintritt, wırd an
dem Wert des Nachwuchses gar nichts geändert. Will man aber die Fortpflanzung durch Ent-
mannung ganz unterdrücken, um nicht ein neues Verbrechergeschlecht heranwachsen zu lassen,
so nimmt man den Deportierten ein gutes Teil von Interesse an der Arbeit und von Strebsamkeit;
man wird damit die wirtschaftlichen Erfolge der Verbrecherkolonie nur schädigen. Besondere
Schwierigkeiten erwachsen, sobald einzelne Verurteilte den zeitlich begrenzten Teil der Strafe
verbüsst haben. Es würde dem Zweck der D. widersprechen, die Deportierten wieder in die Heimat
zu entlassen. Lässt man sie, was wirtschaftlich das Beste wäre, auf der Stelle sıtzen, welche sie als
Sträflinge bearbeitet haben, so ergeben sich bald Reibereien zwischen den Sträflingen und den
entlassenen Kolonisten; ausserdem muss die Strafkolonie wegen Verbrauchs des Platzes allmählich
weiter rücken, und, wenn sie auf einer Insel gegründet ist, auf eine andere Insel übertragen werden.
Will man aber die entlassenen Kolonisten nicht an ihrem bisherigen Platze dauernd ansiedeln,
sondern z. B. nach einer anderen Insel verbringen, so beraubt man sıe der Früchte ihrer bisherigen
Tätigkeit, indem man sie nötigt, an einem andern Platze von vorne anzufangen, eine Aussicht, die
in der Strafkolonie nur entmutigend wirken und den Erfolg der Kolonisation nur ungünstig be-
einflussen kann.
Nötigen nicht die fortdauernden Klagen der Gewerbetreibenden über die Konkurrenz der
Gefängnisarbeit dazu, dıeser Arbeit wenigstens einen Teil der Arbeiter durch die D. zu entziehen ?
Gibt man solchen Klagen deshalb nach, weil sie insoferne begründet sind, als die Gefängnisarbeit
billig und schlecht ist, so wird diese immer mehr und mehr auf eine wenig produktive und unerfreu-
liche, darum nicht erzieherische Tätigkeit wie Matten- und Korbflechterei, Säcke flicken u. dergl.
eingeschränkt; die Gefangenen lernen nichts, womit sie sich nach der Entlassung ehrlich fort-
bringen können und der Staat trägt dadurch selbst zur Vermehrung der Rückfälle bei. Aber daraus
folgt nicht die Notwendigkeit der D., sondern negativ, dass jene Klagen nicht unbeschränkt be-
rechtigt sind. Niemand hat ein Recht darauf, dass der andere nichts arbeitet oder darauf, dass der
Staat sein wichtigstes Strafmittel durch unproduktive Arbeit entwerte. Positiv aber folgt aus den
Klagen, dass der Staat möglichst Urproduktion betreiben muss. Gelegenheit dazu gibt das Bedürfnis
nach Urbarmachung von bisher nicht angebauten Landstrecken (Moor- und Heideland). Die hierfür
aufgewendeten Kosten kommen dauernd dem Inlande zugute, während die für die D, zu machenden
Aufwendungen wegen der mit der D. verbundenen Missstände und wegen der beschränkten (Gre-
legenheit nach verhältnismässig kurzer Zeit preisgegeben werden müssen. Überwachungskosten
von gleicher Höhe werden im Inlande eine bessere Überwachung ermöglichen, weil die Besoldung
n'edriger sein kann und die Transportkosten wegfallen, für die gleiche Summe also eine grössere
Zahl von Wächtern angestellt werden kann. Die Überwachung wird aber auch erfolgreicher sein,
weil die Festnahme von Flüchtlingen im Inlande leichter ist, denn der Flüchtige muss streben,