Full text: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

105. Abschnitt. 
Dreibund und Dreiverband. 
Von 
Dr. Felix Rachfahl, 
o, Professor der Geschichte an der Universität Kiel. 
Literatur: 
F. H. Geffcken, Frankreich, Russland und der Dreibund. Aufl. II, 0.J.; Daudet, histoire diplo- 
matique de l’alliance franco -russe 1894; Bismarck, Gedanken und Erinnerungen II, 1898; L. Chiala, 
La triplice e la duplice alleanza.. Aufl. II, 1898; Die Entstehung des deutsch-österreichischen Bündnisses in 
M. Busch, Tagebuchblätter IU, 1899; L. Freiherr v. Chlumecky, Österreich - Ungarn und Italien, 
Aufl. Il, 1907, Tardieu, La France et les alliances 1909; E.Brandenburg, Entstehung eines Weltstaaten- 
systems, in Pflugk-Harttungs Weltgesch., Neuzeit Bd. 11I, 1910; G. Egelhaaf, Gesch. der neuesten 
Zeit, Aufl. IIl, 1911; Ed. v. Wertheimer, Graf Julius Andrässy, Sein Leben und seine Zeit, 3 Bände, 1913; 
H. Friedjung, Der Inhalt des Dreibundes, Der Greif, Jahrg. I; F. Rachfahl, Kaiser und Reich, 
1888—1913. 1913. In Betracht kommt auch Ss. Gorıiaınow, Le Bosphore et les Dardanelles, mit Vorrede 
von G. Hanotaux, 1910. 
Der Dreibund von 1882 ıst eine Erweiterung des deutsch-österreichischen Schutzbündnisses 
von 1879, und dieses ist das gemeinsame Werk derjenigen beiden Staatsmänner, die damals die 
deutsche und die österreichische Politik leiteten, des Fürsten Bismarck und des Grafen Julius 
Andrassy; beide trafen sich mit ihren auf die Herstellung eines festen und guten Einvernehmens 
zwischen ihren beiden Reichen gerichteten Bestrebungen. 
I. Die Vorgeschichte des deutsch-österreichischen Zweibundes von 1879. 
Die Vorgeschichte der deutsch-österreichischen Allianz reicht weit zurück, man kann sagen, 
bis auf das Schlachtfeld von Königgrätz. Es war damals Bismarcks Bestreben, den Frieden so zu 
gestalten, dass in der Folgezeit ein deutsch-österreichisches Einverständnis wieder möglich würde. 
Als an der Stelle des deutsch-feindlichen Grafen Beust im Oktober 1871 der Graf Julius Andrassy 
die Leitung der auswärtigen Politik Österreichs übernahm, bahnte sich in der Tat eine deutsch- 
österreichische Annäherung an. Österreich fühlte sich damals isoliert und suchte Anlehnung; die 
Junge französische Republik schien dafür nicht geeignet, und an Russland war nur auf dem Umwege 
über Preussen-Deutschland heranzukommen, da das Verhältnis zwischen diesen beiden Mächten 
damals noch das denkbar beste war. Andrassy entschloss sich zur Wendung zu Deutschland und 
damit auch zu Russland; so entstand (1872) das sog. „Dreikaiserbündnis‘“ zwischen Österreich, 
Russland und Deutschland. Andrassy rechnete von vo'nherein damit, dass es nıcht von Bestand 
sein würde; er sah es schon damals lediglich als ein Übergangsstadium zu einem deutsch-öster- 
-reichischen Zweibunde an. 
Von Bestand konnte das ‚‚Dreikaiserbündnis‘ schon deshalb nicht sein, weil die Balkanfrage 
einen Keil zwischen Österreich und Russland trieb. Das Ziel der russischen Balkanpolitik war die 
Gewinnung der Meeresstrassen, des Bosporus und der Dardanellen, die völlige Befreiung der christ- 
lichen Balkanvölker, zumal Vergrösserung von Serbien und Montenegro, Schaffung eines Gross- 
bulgariens als russischer Schutzstaaten. Solchen Bestrebungen widersetzte sich Österreich-Ungarn ; 
es wollte kein grossslavisches Reich auf der Balkanhalbinsel, da es davon eine Rückwirkung auf die 
innerhalb seiner eigenen Grenzen gesessene südslavische Bevölkerung und insbesondere eine Ge- 
fährdung Dalmatiens besorgte; im Gegenteile trachtete Österreich-Ungarn, um seine Stellung an 
Handbuch dor Politik. II. Auflage. Band LI. 22 
 
	        
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