380 Schachner - Riess, Japans wirtschaftliche und soziale Probleme.
Een EHE
zu behandeln. Auch hat Japan das Recht der Europäer, in Korea Grundeigentum und
Bergbauberechtigungen zu erwerben und frei darüber zu verfügen, die Küstenschiffahrt und andere
Konzessionen, die sich die Fremden durch Staatsverträge zur Zeit der Unabhängigkeit Koreas
gesichert haben, ausdrücklich zugestanden, um seine Auffassung, dass die Exterritorialität und die
Gerichtsbarkeit der fremden Konsuln infolge der Einverleibung aufhören müssen, zur Anerkennung
zu bringen. Auch darüber bedarf es noch zukünftiger Vereinbarungen. Der Gesamthandel Koreas
mit Japan und der Aussenwelt belief sich im Jahre 1911 auf etwas über 150 Millionen M., wobei
die Einfuhr fast dreifach so hoch ist wıe die Ausfuhr. Die Steigerung gegen frühere Jahre entspricht
jedenfalls nicht den japanischen Erwartungen. Dass Altjapan bei der Einfuhr die ausländische
Konkurrenz um 75% übertrifft und aus Korea das 2%sfache von dem ausführt,
was andere Länder von dort direkt beziehen, erklärt sich aus der geographischen
Lage und politischen Verbindung. Auch früher hatten die Japaner auf dem koreanischen Markt
das Übergewicht. Natürlich bietet ein so nahe gelegenes und politisch beherrschtes Gebiet von der
Grösse des penisularen Italiens mit einer Bevölkerung von 14 Millionen Einwohnern und günstigen
klimatischen Bedingungen grosse Zukunftschancen. Einstweilen hält sich aber der Zuwachs, den
Japans Volkswirtschaft durch die Annexion erhalten hat, bei der Ärmlichkeit der koreanischen
Bevölkerung und bei den grossen Aufwendungen, die das ‚„Mutterland‘“ für die ‚Kolonie‘“ Chosen
machen muss, in bescheidenen Grenzen. Auch die Auswanderung, die in den letzten sechs Jahren
allerdings von 72 500 auf 250 000 Köpfe gestiegen ist, scheint an der Grenze der Aufnahmefähigkeit
Koreas für Japanische Siedler angelangt zu sein. Der Widerstand des Parlaments gegen die dauernde
Garnisonierung von zwei japanischen Divisionen in Korea hängt zum Teil mit den wirtschaftlichen
Enttäuschungen zusammen, die man bis jetzt dort erlebt hat. Günstiger hat sich der Fischfang in den
koreanischen Gewässern entwickelt.
Das Pachtgebiet Kwantung, das Japan von Russland übernahm, hat unter 488 000 Eın-
wohnern etwas über 41 000 Japaner. Von scincem Handel, der 1911 in Ein- und Ausfuhr zusammen
89°/. Millionen Yen betrug, kommt auf Japan etwas mehr als die Hälfte, auf China weniger als
!/,„ auf Europa und Amerika !/.. Das Gebiet steht unter chinesischer Zollverwaltung und ist handels-
politisch auch für Japan Ausland. Es ist aber die Basis der wirtschaftlichen Vorherrschaft ın der
südlichen Mandschurei bis Shangshun, der Endstation der unter japanischer Verwaltung stehenden
südmandschurischen Eisenbahn. Auf die Ausnutzung der sich dort ergebenden wirtschaftlichen
Vorteile hat die südmandschurische Eisenbahngesellschaft, an der die japanische Regierung stark
beteiligt ist, das allergrösste Gewicht gelegt. Die Kohlenminen von Fushun, die Erhebung der
Soyabohne zum Welthandelsartikel, das Bedürfnis der japanischen Landwirtschaft nach Ölkuchen
als beliebtesten Düngermittels, die Seesalzgewinnung und die Verarbeitung der Kaulıan- (Hırse)
Stengel zur Papierfabrikation, die Verbesserung der Seidenproduktion boten sofort lohnende Aus-
sichten, die man auch deshalb nicht unbenutzt lassen durfte, weil die grosse Kapitalsanlage, dıe ın
der südmandschurischen Bahn steckt, sich verzinsen soll. In der wirtschaftlichen Einflusssphäre,
die Japan durch die südmandschurische Bahn beherrscht, leben ıast 12 Millionen Chinesen. Bei den
vielen Reibungen, die Japans ‚„Bahnpolizei“ und ‚„Bahnschutztruppen‘“ mit den chinesischen Be-
hörden und Truppenführern hatten, war esauch politisch wichtig, die Überlegenheit der japanischen
Aufschliessungsarbeit zu erweisen. Trotz der Konkurrenz anderer Verkehrslinien, hob sıch die
Ausfuhr über Dalny (jap. Dairen) sprungweise, wie die folgende kleine Tabelle beweist:
Ausfuhr ın Dalny.
1907 1908 1910
Yen
Soyabohnen 6400000 10459450 16493 439
Bohnenkuchen 4 800 000 8 478 179 8 866 706
Rohe Tussahseide 3 554 841 1 782 519.
Japan mit seinen Besitzungen umfasst jetzt ein durch kein fremdes Staatsgebiet unter-
brochenes Reich von der Ausdehnung Österreich-Ungarns mit Bosnien und der Herzegowina.