Georg von Schanz, Arbeitslosenversicherung.
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kasse und an eine Reihe von Arbeitswochen knüpft, eventuell auch noch die Dauer der Unter-
stützung von der Arbeitsdauer abhängig macht. Sodann ist eine Karenzzeit des arbeitslos Ge-
wordenen z.B. von einer Woche nützlich, damit dieser einige Zeit aus eigenen Mitteln leben muss
und zugleich die Versicherung von einer Menge kleiner Fälle entlastet wird. Unerlässlich ist, nicht
den ganzen Lohn, sondern nur eine nicht zu grosse Quote (höchstens %,) zu gewähren, eventuell
diese mit der Dauer des Bezugs noch sınken zu lassen, bis sie nach einer bestimmten Reihe von
Wochen ganz aufhört. Unbedingt muss der Arbeitslose jederzeit passende Arbeit, die ihm nachge-
wiesen wird, annehmen und damit seine Arbeitswilligkeit beweisen. Die Versicherung muss sich
deshalb auf einen sehr vollkommen ausgebildeten Arbeitsnachweis stützen. Die Fortdauer der
Arbeitslosigkeit muss auch kontrolliert werden, was am besten durch ein- oder zweimaliges Er-
scheinen des Arbeitslosen im Arbeitsnachweis und Zurückbehalten der Invalidenkarte geschehen
kann. Diese Massregeln dämmen die Versuchung, eine Zeit lang zu feiern oder überhaupt auf
Kosten anderer zu leben, so ein, dass man die Schuldfrage in den Hintergrund treten und nur die
gröbsten Verstösse sowie Streiks und Aussperrungen, für welche die Arbeiter ohnehin besonders
sorgen, als Ausschliessungsgrund gelten lassen kann. Immerhin bleiben auch dann noch manche
‚Schwierigkeiten. Es gibt Berufe, wıe Ausläufer, häusliche und die weit verbreitete hausindustrielle
Arbeit, die der Kontrolle, ob Arbeitslosigkeit vorliegt, sich nicht fügen ; auch die Frage der passenden
Arbeit, die angenommen werden muss, ist gegenüber widerwilligen Leuten nicht einfach zu lösen;
eine einwandfreie Abstufung des Risikos ist bei den fortwährenden Schwankungen und Änderungen
des Erwerbslebens schwer zu finden, ohne solche wirkt diese Versicherung aber leicht verletzend;
es ist besonders misslich, dass Je wirksamer die oben erwähnten Kautelen sind, dıe Versicherung ihren
Zweck umsomehr wieder einbüsst. Bei den deutschen Arbeitnehmerverbänden, welche doch gewiss
den Vorwurf der Unbilliskeit ablehnen werden, waren ın den 8 Quartalen der Jahre 1911 und
1912 43,9—54 %, der arbeitslos gemeldeten versicherten Mitglieder nicht bezugsberechtigt.
Eine unangenehme Begleiterscheinung dieser Versicherungsart ist auch, dass das Streben des Ar-
beitslosen, selbst Arbeit zu finden, abgeschwächt wird, was zu einer gewissen Demoralisation
führen kann.
Die bisher gemachten praktischen Versuche stellen denn auch keine befriedigende Lösung
des Problems dar.
Fakultative allgemeine Versicherungen wurden in Bern (1893), Köln (1896), Leipzig
(1905), Basel (1901), Genf (1904), Venedig (1902) ıns Leben gerufen. Die venetianische Arbeits-
losenkasse musste wegen zu geringer Kautelen ihre Tätigkeit bald einstellen, die Genfer konnte sich
infolge der Angriffe seitens der organisierten Arbeiter nicht recht entwickeln; die Leipziger Kasse
ist vom evangelischen und katholischen Arbeiterverein gegründet, hat aber nur eine geringe Zahl
Versicherter. Die Berner — und bis zum Jahr 1911 galt dies auch für die Kölner Kasse, die ihre
Versicherung jetzt auf das ganze Jahr erstreckt und auch den Berufsvereinen der Arbeit-
nehmer eine Rückversicherung gewährt — berücksichtigt bloss dıe Arbeitslosigkeit im
Winter; es versichern sich infolgedessen bei ıhr nur solche, welche mit grosser Wahr-
scheinlichkeit in den betreffenden Wintermonaten arbeitslos zu werden befürchten müssen, haupt-
sächlich Erd- und Bauarbeiter und Arbeiter, die mit dem Baugewerbe in engerer Fühlung stehen.
Die Beiträge sind bei freiwilliger Versicherung wenig steigerungsfähig; sie decken gewöhnlich
nicht einmal dıe Hälfte der Versicherungssumme, diese Art von Versicherung kann deshalb ohne
beträchtliche Zuschüsse von seiten der Gemeinde und sonstiger Wohltäter nicht existieren. Auch
in Basel, wo der Arbeiterbund 1901 eine Versicherungskasse schuf, wurden ähnliche Erfahrungen
gemacht. Arbeiter mit geringem Risiko hielten sich fern, viele blieben auch mit ıhren Bei-
trägen ım Rückstand, der grösste Teil liess sıch dann streichen.
Grössere Bedeutung kann die gewerkschaftliche Arbeitslosenversicherung beanspruchen.
Sie hat sich aus den Lohnkämpfen herausgebildet. Die Arbeiterorganisationen unterstützten
Ihre Mitglieder im Falle eines Streiks; sie dehnten die Unterstützung im weiteren Verlauf auch auf
nicht streikende Arbeitslose aus; durch die Reiseunterstützung entlastete man den lokalen Arbeits-
markt und pflegte den Zusammenhang im Gesamtverband; es lag nahe, den am Ort ansässigen
Arbeitslosen ebenfalls eine Unterstützung zu bieten. Die Arbeitslosenversicherung trägt dazu bei,