Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

84 II. Strafprozeßordnung. — Zweites Buch. — 6. Abschnitt. 
Zivilrechtliche Vorfragen. 
8 261. Hängt die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurteilung eines 
bürgerlichen Rechtsverhältnisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über dieses 
nach den für das Verfahren · und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften. 
Das Gericht ist jedoch befugt, die Untersuchung auszusetzen und einem 
der Beteiligten zur Erhebung der Zivilklage eine Frist zu bestimmen oder das 
Urteil des Zivilgerichts abzuwarten. 
Erfordernis der Zweidritteil-Mehrheit. 
§ 262. Zu einer jeden dem Angeklagten nachteiligen Entscheidung, 
welche die Schuldfrage betrifft, ist eine Mehrheit von zwei Dritteilen der 
Stimmen erforderlich. 
Die Schuldfrage begreift auch solche von dem Strafgesetze besonders 
vorgesehene Umstände, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder 
erhöhen. 
Die Schuldfrage begreift nicht die Voraussetzungen des Rückfalles und 
der Verjährung. 
Gegenstand der uUrteilsfindung. 
§ 263. Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete 
Tat, wie sich dieselbe nach dem Ergebnisse der Verhandlung darstellt. 
Das Gericht ist an diejenige Beurteilung der Tat, welche dem Beschlusse 
über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden. 
Veränderung der Anklage. 
§ 264. Eine Verurteilung des Angeklagten auf Grund eines anderen 
als des in dem Beschlusse über die Eröffnung des Hauptverfahrens angeführten 
Strafgesetzes darf nicht erfolgen, ohne daß der Angeklagte zuvor auf die Ver- 
änderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm 
Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist. 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn erst in der Verhandlung 
solche vom Strafgesetze besonders vorgesehene Umstände behauptet werden, 
welche die Strafbarkeit erhöhen. 
Bestreitet der Angeklagte, unter der Behauptung auf die Verteidigung 
nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die 
Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als 
des in dem Beschlusse über die Eröffnung des Hauptverfahrens angeführten,
	        
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