Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

326 I. Der exekutive Kriminalbeamte. 
Tatorte manchmal ihre Exkremente — angeblich aus Aberglauben — zurückzulassen. 
Derselbe Sachverständige unterscheidet Pflanzenfasern, Tier= und Menschenhaare, 
den Körperteil, von dem sie stammen, und das Alter des Verlustträgers, was von 
Wichtigkeit werden kann, wenn an einer Leiche mutmaßlich vom Mörder herrührende 
Haare gefunden werden; ferner erkennt er Samenflecke, unterscheidet Verunreinigungen, 
z. B. Staub auf Schuhen, Kleidern, Möbeln usw., Erdkot an Wagenrädern, 
Schuhsohlen, Schmutzflecken auf Kleidungsstücken usw.; er stellt die Identität von 
Stoffen durch Vergleichung des Gewebes usw. fest, z. B. bei hängengebliebenen Fetzen 
von Kleidungsstücken, Hemden, Taschentüchern, von Stoffen, aus welchen das „Pflaster" 
bei der Schrotflinte gemacht wurde; endlich ist die Tätigkeit des Mikroskopikers 
wichtig bei Urkundenfälschungen, indem er Rasuren, Farbe der Tinte, Nachziehungen 
von Buchstaben, Identität des Papiers durch Erkennung der Faserung usw. er- 
mittelt. Aehnliche Dienste wie der Mikroskopiker leistet der Chemiker, der besonders 
Gifte nachweist usw. Der Photograph ist heranzuziehen, wenn es sich um Fest- 
haltung von Zuständen vorübergehender Art, z. B. der Situation am Tatorte, oder 
um Vergrößerung kleinerer Gegenstände, z. B. von Schriftzügen zur Unterlage für 
den Schriftvergleicher usw. handelt. Mineralogen, Botaniker und Zoologen können 
den Mikroskopikern und Chemikern wichtige Dienste leisten, z. B. bei Feststellung 
von Tierhaaren, Blut, Staub (bezüglich der Herkunft von welchem Gestein oder Erd- 
boden), Pflanzenarten usw. Endlich sind noch zu erwähnen die Büchsenmacher, 
Waffenfabrikanten, Jäger usw. und sonstige Handwerker, Mechaniker, Uhrmacher, 
Optiker und dergleichen. 
7. Durchsuchung und Beschlagnahme. 
Unter welchen Voraussetzungen und unter Beobachtung welcher Formen Durch- 
suchung und Beschlagnahme stattzufinden haben, ergeben die §§ 94 bis 111 der 
Str. P. O., welche der Beamte sich stets gegenwärtig zu halten hat. Die wichtigsten 
Gesichtspunkte sind folgende. Der Polizeibeamte ist zur Durchsuchung und Beschlag- 
nahme nur dann berechtigt, wenn Gefahr im Verzuge ist, d. h. wenn bei Hinaus- 
schiebung dieser Maßnahmen Gefahr besteht, daß die spätere Nachholung ohne Er- 
folg sein und so der Zweck der Untersuchung, die Ueberführung des Beschuldigten, 
vereitelt oder auch nur erschwert werden können. Der Begriff „Gefahr im Ver- 
zuge" ist sehr dehnbar; der Polizeibeamte hat diese Dehnbarkeit nach bestem Gewissen 
zum Zwecke der Untersuchung zu nutzen; er ist in der Entschließung, ob Gefahr im 
Verzuge liegt, selbständig, soweit er nicht Weisungen seines Vorgesetzten zu folgen 
hat. Gegenstand der Beschlagnahme sind Sachen, welche als Beweismittel — Ur- 
kunden, Schlüssel, Diebstahlsobjekte — in Frage kommen oder der Einziehung — 
falsches Geld, unzüchtige Druckschriften — unterliegen. Eine Beschlagnahme ist nur 
erforderlich, wenn der Gegenstand von seinem Inhaber nicht freiwillig (ausdrücklich oder 
stillschweigend) herausgegeben wird. Die Polizei kann Sachen wider den Willen ihres 
Inhabers nur weg= und in Amtsgewahrsam nehmen, wenn sie sich in der Innehabung
	        
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