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3.
2) 8 138 Anm.
Einleitung; Wirtschaft. 83.
nur um so viel vermehrt wird, als die darauf verwendete Arbeit kostet.
Daraus folgt die Begünstigung der Landwirtschaft, deren Betrieb aber
auch als einzige Steuerquelle angesehen wurde.?) Die Regierung sollte
sich dabei auf Herstellung der Sicherheit und Beseitigung der wirtschaft-
lichen Hemmnisse beschränken und sonst in die wirtschaftliche Freiheit
nicht eingreifen. Das System verwechselt Stoff und Gut und verkennt
die dem letzteren durch die menschliche Arbeit zu teil werdende Wert-
erhöhung.
Die Bedeutung der Arbeit als Wohlstandsquelle hat erst Ad. Smith
in vollem Maße zur Geltung gebracht. Der Ertrag dieser Arbeit wird
durch Kapitalverwendung und Arbeitsteilung fortgesetzt gesteigert
§ 2 1 2). Indem damit die Gütererzeugung auf die bewegenden
Kräfte der Natur, der Arbeit und des Kapitalss) zurückgeführt war, trat
das allgemeine Interesse aller Wirtschaftenden an die Stelle der ein-
seitigen Interessen des Handels, des Gewerbes und des Landbaues.
Die Güterverteilung wurde dem freien Mitbewerbe als ihrem natürlich-
sten und sichersten Leiter überlassen. Zur Erreichung dieser Ziele wurde,
wie schon von den Physiokraten, volle Wirtschaftsfreiheit gefordert, die
bei gleicher Begünstigung aller Wirtschaftszweige nach außen zum Frei-
handel, nach innen zur Beseitigung aller rechtlichen und polizeilichen
Fesseln und Schranken der Wirtschaftsbetriebe führte.") — Die Lehre
verbreitete sich rasch in Deutschland und hat auf unsere Gesetzgebung bis
in die neueste Zeit bestimmend eingewirkt.s)
2. — Die Grund= historischen Schule (§ 35 d. W.) —
gedanken des Systems traten bereits in
der Verwaltung Sullys (1560—1641),
des Ministers König Heinrichs IV. in
Frankreich hervor; seine Ausbildung fand
es jedoch erst in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts durch Quesnay u. Tur-
got. In Deutschland führte es den Mark-
grafen Karl Ludwig von Baden zu ver-
fehlten Versuchen. Auch Kaiser Josef II.
u. sein Bruder Leopold v. Toskana waren
Anhänger des Systems.
3) § 2 Anm. 7 d. W.
4) Ad. Smith (1723—1790), Pro-
fessor in Glasgow, veröffentlichte seine
Grundsätze (Industriesystem von in-
dustry, beirtlnbute Arbeit) in dem
bahnbrechenden Werke „Untersuchung über
die Natur und die Ursachen des Na-
tionalwohlstandes“ (17 60. Indem er
gegenüber dem eigennützigen Interesse des
Staates u. der bevorrechteten Stände auf
das Naturrecht u. die natürliche Frei-
bett u. Gleichheit der Menschen hinwies
so — im Geiste des 18. Jahr-
hunderts u. im Gegensatze zur späteren
von allgemeinen Grundsätzen ausgehend
die Einzelverhältnisse ordnen wollte, be-
schritt er wirtschaftlich dieselben Bahnen,
die J. J. Rousseau im contrat social
u. Montesquieu im esprit des lois
politisch betreten hatten.
5) Befreiung des Wirtschaftsbetriebs
§ 310 Abs. 1, insbes. des Landbaues
§ 337 Abs. 2, des Gewerbes 8 363 Abs.
3, des Handels (Handels= u. Zollpolitik)
§ 161, insbes. Anm. 5; Einfluß auf
die Besteuerung § 138 Anm. 2. — Von
geringerem Einflusse war die Lehre in
England, wo die wirtschaftlichen Schrau-
ken schon früher gefallen, u. in Frank-
reich, wo sie durch die Revolution be-
seitigt waren. Stellung beider Staaten
zum Schutzzollsystem 8 161 Anm. 6 d. W.
— In pessimistischer Richtung wurde die
Lehre durch die Engländer Malthus (1766
bis 1834) u. Ricardo (1772—1823)
weitergebildet. Nach ersterem führt der
Umstand, daß die Bevölkerung sich stärker
vermehrt, als ihr Unterhalt, zur Über-
völkerung u. Verelendung der Massen,