Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

80 § 11. Fürstenstaaten (Monarchien). 
stehen die durch nachfolgende Ehe Legitimierten (die 
„Mantelkinder“) den in der Ehe geborenen nicht gleich. 
2) Nach vielen deutschen Hausgesetzen und Verfas- 
sungen (z. B. Bayern, Sachfen, Württemberg, observanz- 
mäßig auch in Preußen) sind nur die einer vom Mo- 
narchen genehmigten Ehe entsprossenen Kinder suk- 
zessionsfähig (in Sachsen ist die nichtgenehmigte Ehe 
sogar nichtig). 
3) khrenfolgefähig sind nach deutschem Fürstenrecht 
nur die einer eben bürtigen Ehe entstammenden Kin- 
der. Ebenbürtig sind heute nur Ehen unter An- 
gehörigen des hohen Adels, d. h. der Mitglieder 
regierender oder ehemals regierender deutscher und aus- 
ländischer Fürstenhäuser, sowie der ehemals reichsständigen 
Familien (nicht aber der Familien, die nicht reichs- 
ständig waren, d. h. Landeshoheit und Sitz und Stimme 
auf dem alten Reichstag besessen hatten, auch wenn sie 
reichsunmittelbar waren). 
Das vorstehende sog. strenge Prinzip kann heute 
als herrschend bezeichnet werden (v. Gierke, Laband, An- 
schütz, Kohler). In früheren Jahrhunderten dagegen wur- 
den in manchen Häusern auch Ehen mit Personen des 
niederen Adels als ebenbürtig betrachtet und J. J. Moser 
und A. W. Heffter hielten dieses „laxe“ Prinzip für 
gemeinrechtlich (vgl. auch RGZ. 32 147). Nach einer 
dritten Meinung galt das strenge Prinzip für die alt- 
fürstlichen, das laxe für die reichsgräflichen und neu- 
fürstlichen Häuser (Schröder, Kahl, Rehm, auch der im 
Lippeschen Thronfolgestreit gefällte Schiedsspruch). 
Die Frage der Ebenbürtigkeit ist in neuester Zeit 
mit großer Leidenschaft gelegentlich des Lippeschen 
Erbfolgestreits erörtert worden, ebenso die Frage, 
ob die Abänderung der Thronfolge (S. 72) und die Be- 
rufung an sich Môhtsuxzessionsschiger Nachkommen zur 
Thronfolge ein Staatsgesetz oder ein Hausgesetz (und da- 
mit die Zustimmung der Agnaten) oder beides erfordern. 
Das Fürstentum Lippe stand bis zum Jahre 1906 unter der 
Herrschaft der Hauptlinie Lippe-Detmold. Dem 1895 kinderlos 
verstorbenen Fürsten Woldemar folgte sein ebenfalls kinder- 
loser, geisteskranker Bruder Karl Alexander, der der letzte 
Sproß der Hauptlinie war. Als Thronanwärter für diesen
	        
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