Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

86 § 11. Fürstenstaaten (Monarchien). 
Reformation übertretenden Gebieten, überhaupt beseitigt wur- 
den — und der Stadtobrigkeiten blieben zunächst (vgl. Z. 1 
§8 4, 5) bestehen, wurden aber den staatlichen Verwaltungs- 
und Gerichtsinstanzen untergeordnet. Der Adel (niederer, im 
Gegensatze zum hohen, den landesherrlichen Familien, L. 183b 1) 
wurde ein privilegierter Geburtsstand. 
Eine Neubelebung erfuhr die ständische Monarchie in Ver- 
folg der Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815, deren Art. 13 
bestimmte: „In allen Bundesstaaten wird eine landständische 
Verfassung stattfinden“". Es wurde daraufhin in zahlreichen 
deutschen Staaten eine ständische Vertretung geschaffen, die aber 
in Wahrheit nur eine Interessenvertretung des Großgrundbe- 
sitzes darstellt lüber die Entwicklung in Preußen vgl. S. 507 ff.). 
Erst den Ereignissen von 1848 (S. 191) ist es gelungen, überall 
eine wirkliche Repräsentation des ganzen Volkes durchzusetzen. 
Seither herrscht — von den republikanischen drei Hansestädten 
abgesehen — in allen deutschen Bundesstaaten die konstitutionelle 
Monarchie (unt. b). Nur in den beiden Mecklen burg 
besteht auf Grund des landesgrundgesetzlichen Erbvergleichs von 
1755 die ständische Verfassung fort. Die vielfachen Ver- 
suche der Großherzöge, die Verfassung den modernen Bedürf- 
nissen anzupassen und insbesondere eine Vertretung des ganzen 
Volkes (Repräsentativverfassung) an die Stelle der ständischen 
Interessenvertretungen zu setzen, cheitern regelmäßig an dem 
Widerstande der Ritter; vgl. noch S. 240. 
b. Konstitutionelle Monarchie. 
1) Auch bei dieser, heute den größten Teil aller 
monarchisch regierten Staaten beherrschenden Staatsform 
ist der Monarch bei Ausübung der Staatsgewalt ver- 
fassungsmäßig beschränkt. Diese Beschränkung führt, 
da die konstitutionelle Monarchie sich regelmäßig aus der 
absoluten entwickelt, zwar auch auf eine Selbstbindung 
des Herrschers (S. 82) zurück. Die letztere ist aber — 
meist unter dem Druck revolutionärer Erhebungen — 
durch die Gewährung einer „Konstitution“ als auf die 
Dauer und unwiderruflich geschehen zu erachten. 
Wie gelegentlich des 25jährigen Regierungsjubiläums Kaiser 
Wilhelms II. (1913) durch eine Rede des Historikers Hintze der 
Berliner Universität bekannt wurde, hinterließ Friedrich Wil- 
helm IV. seinen Thronfolgern einen Brief, in dem er sie anwies, 
vor der Beeidigung der Verfassung (Pr Vu. Art. 54 II) diese 
wieder zu beseitigen. Wilhelm II. hat dieses Schreiben, das 
nur im Wege eines Verfassungsbruchs hätte befolgt werden 
können, bei seinem Regierungsantritt vernichtet. 
Immerhin ist die Entstehung der konstitutionellen Monarchie 
aus dem freien Willen des bisher absoluten Herrschers für die 
Auslegung der Verfassung und den Umfang der Volksrechte in- 
  
 
	        
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