Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 11. Fürstenstaaten (Monarchien). 91 
unmittelbarer Verfolgung) oder strafrechtlich verfolgt 
werden. 
10) Der Umfang des Mitwirkungsrechts der Volks- 
vertretung ergibt sich aus der Verfassung. Außer der 
(vorherigen) Zustimmung zu Gesetzesvorschlägen und der 
(nachträglichen) Genehmigung von Verträgen pflegt die 
Kammer zu haben: das Recht der Adresse, d. h. die 
Befugnis der Kammer, sich unmittelbar mit einem Schreiben 
an den Monarchen zu wenden, und das Recht der Inter- 
pellation, d. h. die Befugnis der Kammer oder ein- 
zelner oder einer gewissen Mindestzahl der Mitglieder, von 
der Regierung eine Erklärung über Regierungsmaßnahmen 
zu verlangen, zuweilen in der vereinfachten Form der sog. 
„kurzen Anfragen“ (S. 254). Die Kammern haben 
ferner das Recht der Feststellung der eigenen Geschäfts- 
ordnung und regelmäßig auch das der Wahlprü- 
fung. Doch geht der Zug der Zeit dahin, die letztere dem 
Parteigetriebe zu entziehen und den Gerichten zu über- 
tragen. 
11) Die Staatsgewalt wird in der konstitutionellen 
Monarchie nach außen hin stets vom Monarchen 
allein ausgeübt; die Volksvertretung hat kein imperium. 
Der Monarch erläßt die Gesetze („Wir Wilhelm von 
Gottes Gnaden König von Preußen usw. verordnen mit 
Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monar- 
chie, was folgt“); in seinem Namen wird Recht gesprochen 
und die Staatsverwaltung geführt. Aber er kann kein 
Gesetz ohne die Volksvertretung erlassen, darf nicht in 
die Rechtspflege eingreifen und muß die Verwaltung ge- 
mäß den bestehenden Gesetzen führen und führen lassen. 
Immerhin hat er in dem ihm zustehenden Recht, die 
Kammern aufzulösen, ein Mittel, von einer durch 
„Obstruktion“ die sachgemäße Führung der Regierungs- 
geschäfte vereitelnden Kammer an das Volk zu appel- 
lieren, und anderseits kann er durch das ihm gewährte 
Begnadigungsrecht auch in die Rechtsprechung ein- 
greifen, regelmäßig freilich erst nach erfolgtem Richter- 
spruch, nicht vorher (keine „Abolition“ schwebender 
Untersuchungen, Pr V U. Art. 49 III, S. 556). 
12) Da der Monarch selbst unverantwortlich
	        
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