§ 12. Volksstaaten (Demokratien). 93
monarchischen Demokratie sein Recht zur Ausübung der Staats-
gewalt nur aus der Uebertragung durch das Volk, nicht aus
eigenem Rechte herleiten kann, sodaß hier im Gegensatz zur
Monarchie (S. 87) eine „praesumtio pro populo“ spricht.
2. Während im Fürstenstaat die Staatsgewalt im
Staatshaupt vereinigt ist und nur ihre Ausübung unter
Umständen (bei der beschränkten Monarchie, S. 83 ff.) an
die Mitwirkung gewisser Körperschaften (Ständestaat) und
Organe (konstitutioneller Staat) gebunden ist, liegt in
der Demokratie der Schwerpunkt beim Volk oder
dessen Vertretung, dem Parlament.
Der Volksstaat im heutigen Sinne führt auf die natur-
rechtliche Lehre vom contrat social als Grundlage des Staates
zurück (S. 48). Wenn der Staat auf dem übereinstimmenden
Willen der Staatsgenossen beruht, so muß sich nach dieser Lehre
alle Staatsgewalt von der Gemeinschaft der Genossen ableiten.
Die politische Würdigung des Volksstaates kann auf der
einen Seite nicht den Fortschritt verkennen, der in der Betonung
der Volksgemeinschaft als Grundlage des Staatslebens liegt.
Auf der anderen Seite liegt die Gefahr der Demokratie darin,
daß sie sich — wie die Geschichte der französischen Revolution
lehrt — leicht zur Ochlokratie, zur Pöbelherrschaft, entwickelt.
Denn die in der Demokratie selbstverständliche Gleichstellung
aller Staatsbürger gibt der großen Masse der Besitzlosen und
Ungebildeken eine Uebermacht gegenüber der weit geringeren
Zahl der Volksgenossen, die einen Besitz zu schützen und eine
Kultur zu verteidigen haben.
b. Arten der Volksstaaten.
1. Republik und monarchische Demo-
kratie.
Die Volksstaaten kann man einteilen in Staaten
ohne monarchische Spitze (Republiken) und in solche mit
einem Monarchen als Staatshaupt (monarchische Demo-
kratien). Ein Staatshaupt, einen Präsidenten, hat auch
die Republik. Der Unterschied zwischen ihm und einem
Monarchen besteht darin, daß der Präsident auf Zeit
gewählt und verantwortlich ist, der Monarch seine Or-
ganstellung kraft verfassungsmäßiger Erbfolge und, selbst
wenn gewählt, wie bei neu gebildeten Staaten (Bul-
garien, Albanien) ohne Zeitbeschränkung erhält, auch der
fürstlichen Ehren teilhaftig (z. B. ebenbürtig, S. 80) ist.
2. Die Republifk.
a. Formen der Republik. #
Die Republik, d. h. der Volksstaat ohne monarchische