98 § 12. Volksstaaten (Demokratien).
in England) zur ordentlichen Session nicht nur auf Be-
rufung des Monarchen, sondern an dem verfassungsmäßig
bestimmten Tage und in besonderen Fällen (z. B. in
Belgien nach dem Tode des Königs) von selbst zu-
sammen. Die Vertagung und die Auflösung
der Kammern ist beschränkt. Die Kammer hat außer
dem Recht der Adresse und der Interpellation (S. 91)
bisweilen noch das der Enquête, d. h. die Befugnis,
durch einen eigenen Ausschuß Tatsachen festzustellen.
d. Die Teilung der Gewalten (S. 133 ff.) voll-
zieht sich in der monarchischen Demokratie derart, daß
die Legislative bei den Kammern ist, die Exeku-
tive vom Monarchen ausgeübt wird, die Rechtspre-
chung durch von beiden unabhängige Richter erfolgt.
Hierbei bestehen aber gewisse Einschränkungen.
a. Die Gesetzesfeststellung unterliegt zwar al-
lein den Kammern; der Monarch ist kein „gesetzgebender
Faktor“. Die Kammern haben aber kein unmittelbares
imperium gegenüber den Untertanen, vielmehr bedarf das
von den Kammern beschlossene Gesetz der Sanktion und
Publikation durch den Monarchen. Indem dieser
die Sanktion verweigert, kann er ein (absolutes) Veto
gegenüber neuen Gesetzen geltend machen.
Ob der Monarch die Sanktion verweigern darf, hängt von
der Verfassung ab. In Norwegen hat der König z. B. nur ein
suspensives Veto. In England, dem Vorbilde aller parla-
mentarischen Monarchien, ist die Sanktion (royal assent) eines
vom Parlament beschlossenen Gesetzes vom König seit dem Be-
ginn des 18. Jahrhunderts noch nie verweigert worden; das
ihm an sich zustehende Veto wird daher als durch Gewohnheits-
recht (by disuse) beseitigt betrachtet. Anders nur bei verfas-
sungsändernden und die Stellung des Königs betreffenden Ge-
setzen; diese bedürfen auch heute noch der königlichen Sanktion.
Jellinek entnimmt hieraus den Grund, England auch heute
noch unter die Monarchien zu rechnen, trotz aller Einschränkungen
der königlichen Macht.
b. Die Exekutive
steht nur dem Scheine nach dem Monarchen zu. Er
muß die Minister — nach ausdrücklicher Bestimmung der
Verfassung oder Gewohnheitsrecht — der Parlaments-
mehrheit entnehmen, führt also, da er zu jedem Regie-
rungsakt ihrer Gegenzeichnung bedarf, die Staatsgeschäfte