Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 17. Staatenbund und Bundesstaat. 123 
Preußen, S. 209) oder durch Gewährung von — nur mit 
ihrer Zustimmung entziehbaren — Sonder= (Reser- 
vat)rechten (im Deutschen Reich z. B. zugunsten von 
Bayern, S. 209) bevorzugt sind. 
2. Der Bundesstaatsbegriff. 
a. Die rechtliche Konstruktion des Bundesstaatsbe- 
griffes hat so lange Schwierigkeiten bereitet, als man die 
Souveränität für eine unentbehrliche Eigenschaft der 
Staatsgewalt hielt und alle Gebilde, die einer höheren 
Gewalt unterworfen waren, für Nichtstaaten, d. h. für 
bloße, abhängige Gebietskörperschaften erklärte. 
a. Von dieser Anschauung ausgehend erklärte Waitz 
(sog. ältere Bundesstaatstheorie) im Bundes- 
staat die Souveränität für zwischen dem BSt. und dem 
Gliedstaat geteilt; jede dieser Staatsgewalten sei auf 
ihrem Betätigungsfelde begrenzt souverän. 
Diese „Theorie der geteilten Souveränität“ 
scheitert daran, daß in Wahrheit die Grenzlinie durch den Bt. 
wegen seiner Kompetenz-Kompetenz verrückbar ist, sodaß seine 
Staatsgewalt stets die höhere ist. 
b. v. Seydel glaubte diesen Fehler der Weitzschen 
Theorie nur dadurch vermeiden zu können, daß er den 
Begriff des Bundesstaates überhaupt verwarf. 
Er führte aus: bei Vereinigung mehrerer Staaten handle 
es sich, falls eine neue höchste Zentralgewalt entstände, 
um einen Einheitsstaat mit einer gewissen Selbständigkeit 
der ehemaligen Glieder, die zu Verwaltungsbezirken ge- 
worden seien; falls aber keine neue Staatsgewalt ent- 
stände, um einen Staatenbund. 
Seydel stützte seine Theorie insbesondere auf die Erfahrung, 
daß Bundesstaat (wie z. B. auch der Norddeutsche Bund, S. 196, 
und das Deutsche Reich, S. 198) und Staatenbund gleichmäßig 
durch Vertrag entstehen. Der Unterschied zwischen beiden liegt 
aber darin (S. 124), daß der einmal — infolge Vorhandenseins 
der drei Staatselemente — entstandene BöSt. einen durch eigene 
Organe und nur durch diese zu betätigenden einheitlichen Gesamt- 
willen hat, während im Staatenbund stets nur übereinstim- 
mende Willenserklärungen der beteiligten Vertragsparteien vor- 
liegen. Ein Reichsgesetz, insbesondere auch ein die Bundesver- 
fassung änderndes, z. B. das Deutsche Reich auflösendes, kann 
nur durch Bundesrat und Reichstag zustande kommen, nicht 
durch übereinstimmende Landesgesetze aller beteiligten Bundes-
	        
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