124 § 17. Staatenbund und Bundesstaat.
staaten. Nur auf dem Wege der Reichsgesetzgebung kann „ge-
meines“ Recht in Deutschland entstehen (S. 232).
c. Eine „Theorie der Gesamtsouveräni-
tät“ wird von verschiedenen Ausgangspunkten aus ver-
teidigt.
1) Arndt führt aus, daß im Böt. die Gliedstaaten
gemäß Aenderung ihrer Verfassung (nicht wie im Staaten-
bund kraft bloß völkerrechtlichen Vertrags) sich zur ge-
meinschaftlichen Ausübung gewisser Hoheitsrechte verbun-
den hätten.
2) Gierke und Hänel halten den Gesamtstaat
und die Gliedstaaten in ihrer Zusammenfassung für die
Träger der souveränen Staatsgewalt, wobei von Gierke
noch die Aehnlichkeit mit dem Gesamthandverhältnis (L. 1
§ 14 b 1 8) herangezogen wird.
Beide Auffassungen werden der Selbständigkeit der Staats-
gewalt im BSt. nicht gerecht. Dieser und die Gliedstaaten
sind völlig selbständige Staatswesen. Die Gliedstaaten sind nicht
Elemente des Bundesstaates, sondern, soweit es sich um die Bil-
dung des Gesamtwillens handelt, seine Organe.
8. Alle diese konstruktiven Schwierigkeiten verschwan-
den, seitdem man (durch die „neuere Bundesstaats-
theorie'“) sich zu der Anschauung durchgerungen hatte,
daß ein staatliches Gebilde dadurch nicht seines Staats-
charakters entkleidet wird, daß über ihm eine höhere Ge-
walt besteht; daß das kennzeichnende Merkmal eines
Staates nicht ist, daß er die höchste (suprema potestas,
Souveränität), sondern daß er eine autonome, auf sich
selbst beruhende, nicht von einer anderen Staatsgewalt
übertragene (delegierte) Staatsgewalt ausübt (S. 23).
Von dieser Grundlage aus kann man verstehen, daß ein
Staat sich einer höheren Gewalt beugen kann, ohne
seinen Staatscharakter zu verlieren, vorausgesetzt nur,
daß er wenigstens auf einem Teil des staatlichen Betäti-
gungsfeldes die Hoheit (d. h. die Staatsgewalt) kraft
eigenen (autonomen) Rechtes ausübt.
3. Der Bundesstaat unterscheidet sich:
a. vom Staatenbund (S. 118) durch seinen Cha-
rakter als Staat, im Gegensatz zu dem Wesen des
Staatenbundes als bloßen völkerrechtlichen Vertragsver-
hältnisses;