136 8 19. Staatsfunktionen. Allgemeines.
zieren, „checks and balances“), und die durch gesetz-
liche Vorschriften in festen Bahnen gehalten werden. Die
Schaffung von Rechtsnormen darf nicht ohne
die Mitwirkung der Volksvertretung erfolgen; das Staats-
haupt darf daher auch nicht, wie in Rom und in England
zu Zeiten Karls I. (S. 76), durch Privilegien und Dispen-
sationen diese Rechtsnormen für einzelne Fälle wirkungs-
los machen. Die Verwaltung muß den so geschaffenen
Rechtsnormen gemäß geführt werden; mindestens insoweit
muß jede Willkür ausgeschlossen sein und hierfür müssen
gewisse Sicherheiten bestehen (Rechtskontrolle der Ver-
waltung, S. 168). Die Rechtsprechung endlich muß
durch vom Staatshaupt zwar angestellte, von seiner Will-
kür aber unabhängige Richter ausgeübt werden; daher
Unabsetzbarkeit der Richter und Unzulässigkeit jeder Kabi-
nettsjustiz, d. h. jedes persönlichen Eingreifens des
Staatshauptes und der von ihm beauftragten Beamten
in die Führung und Entscheidung der Zivil= und Straf-
prozesse. Die diesen politischen Forderungen entsprechen-
den drei großen Schlagworte sind: Beteiligung des
Volkes an der Gesetzgebung, Gesetzmäßig-
keit der Verwaltung, Unabhängigkeit der
Justiz. Es handelt sich hierbei aber, wie dargelegt,
nicht um Teilung der einheitlichen Staatsgewalt, sondern
um Verteilung der Befugnis zu ihrer Ausübung.
Der gegenwärtige praktische Wert der Lehre von der Tei-
lung der Gewalten liegt vor allem in der Feststellung des Satzes,
daß keine Gewalt in das Gebiet der andern übergreifen darf,
vielmehr die — nicht offensichtlich nichtigen — Anordnungen
der andern Gewalten zu respektieren hat. So wenig der Kö-
nig im konstitutionellen Staat allein Gesetze erlassen oder Ka-
binettsjustiz treiben darf, so wenig darf andererseits der Richter
die Anwendung rechtsgültig zustandegekommener Gesetze ablehnen
oder ungültige Polizeiverordnungen aufheben (S. 156) oder darf
der Staatsanwalt die Vollstreckung rechtskräftiger Strafurteile
verwei Vern, weil er sie für ungerecht hält.
ielfach wird es zweifelhaft sein, welches der staatlichen
Organe eine gewisse Anordnung zu treffen hat, insbesondere
ob diese unter Zuziehung des Parlaments (also durch formel-
les Gesetz, S. 143 f.) oder durch Verwaltungsakt (also durch Ver-
ordnung) zu erfolgen hat, ob für eine Entscheidung eine Ver-
waltungs= oder eine Justizbehörde zuständig ist (Verwaltungs-
weg oder Rechtsweg?) und wie weit der Richter bei einer
zweifellos von ihm zu entscheidenden Frage (z. B. nach der