Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 19. Staatsfunktionen. Allgemeines. 137 
Strafbarkeit der unbefugten Führung des Adels, StGB. 8 3608) 
die Vorfragen seiner Entscheidung (Berechtigung zur Führung 
des Adels) prüfen darf, und in welchem Umfange er an die 
diese Vorfragen betreffenden Anordnungen von Verwaltungs- 
behörden (z. B. des Heroldsamts, daß der Angeklagte zur 
Adelsführung nicht befugt ist) gebunden ist (vgl. L. I 8 12 22, 
Z. 1 § 121, S. 559). 
Es entsteht in solchen Fällen, je nachdem mehrere Staats- 
organe die Zuständigkeit zu der fraglichen Anordnung für sich 
in Anspruch nehmen oder ablehnen, ein sog. poisitiver oder 
negativer Zuständigkeitsstreit (Kompetenzkon- 
flikt). Für einzelne Fälle gibt das positive Recht bestimmte 
Vorschriften. Insbesondere werden vielfach Anordnungen, die 
ihrer Natur nach den Verwaltungsbehörden anheimfallen müßten, 
aus politischen (Zweckmäßigkeits-) Rücksichten den Gerichten über- 
wiesen (sog. Erweiterung des Rechtswegs; vgl. 31 1 § 12 a). 
4. Die begriffliche Sonderung von Gesetzgebung, 
Rechtsprechung und Verwaltung gehört in die allgemeine 
Staatslehre (unten §§ 20—22). Diese begriffliche Syste- 
matesierung schafft materielle (inhaltliche) Kate- 
gorien; sie stellt fest: welche Staatsfunktionen 
fallen unter den Begriff Gesetz, welche unter den der 
Rechtsprechung und welche unter den der Verwaltung. 
Jeder dieser Kategorien müßten nach der Lehre von der 
Teilung der Gewalten — oder, modern gesprochen (S. 135), 
von der Sonderung der für die verschiedenen Staats- 
funktionen tätig werdenden Organe — verschiedene 
Staatsorgane entsprechen: Gesetzgebungsorgane („ge- 
setzgebende Faktoren“), Rechtsprechungsorgane, Verwal- 
tungsorgane. Die ersteren dürften nur Rechtssätze schaffen, 
die beiden letzteren sie nur anwenden. So würde, je nach- 
dem eine Staatsfunktion von den Gesetzgebungs-, den 
Rechtsprechungs= oder den Verwaltungsorganen vorgenom- 
men wird, eine Einteilung der materiellen Staatsfunk- 
tionen nach (fsormellen) Zuständigkeits kategorien 
entstehen (S. 138). 
Der Theorie nach müßte sich die Einteilung der 
Staatsfunktionen nach ihrem begrifflichen Inhalt (mate- 
rielle Kategorien) und nach den zu ihrer Vornahme zu- 
ständigen Organen (formelle Kategorien) decken. In 
Wahrheit ist, wie schon S. 135 bemerkt, eine das Montes- 
quieusche Ideal verwirklichende, völlige Trennung der 
einzelnen Funktionen unter Zuweisung jeder derselben an
	        
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