150 § 20. Die Gesetzgebung (Legislative).
lichen Wohlfahrt und Sicherheit — Handlungen unter
Strafandrohung geboten oder verboten werden.
Die Polizeiverordnung ist ein von einer hierzu durch das
Gesetz — in Preußen z. B. durch das Polizeiverwaltungsgesetz
vom 11. März 1850 (S. 519) und das Landesverwaltungsgesetz
S. 670) §§ 136 ff. — ermächtigten Verwaltungsbehörde erlasse-
nes materielles Gesetz. Damit nicht zu verwechseln ist:
die Polizeiverfügung, d. h. eine an eine einzelne
Person gerichtete, dieser — vielfach unter Strafandrohung —
eine Handlung gebietende oder verbietende Verwaltungsanord-
nung (S. 652, 673.. Sie kann im Verwaltungsverfahren an-
gefochten merden S. 168);
die polizeiliche Strafverfügung, d. h. eine Ver-
waltungsanordnung, durch welche wegen einer begangenen straf-
baren Handlung eine Strafe — vorbehaltlich des ordentlichen
Rechtswegs (S. 169) — festgesetzt wird (z. B. St PO. 8§ 133 ff.
Pr G. über die polizeilichen Strafverfügungen vom 23. April 1883).
Die Polizeiverordnung ist ein Gesetzgebungsakt, die Polizei-
verfügung ein Verwaltungsakt, die polizeiliche Strafverfügung
ein Justizakt.
J. Formelle Gesetze ohne Rechtsinhalt
sind staatliche Anordnungen, die verfassungsgemäß
nur durch Zusammenwirken aller gesetzgebenden Faktoren
(als formelles Gesetz) erlassen werden dürfen, ohne daß
sie eine allgemeine Rechtsnorm aufstellen, so daß sie
materiell kein Gesetz sind.
Darunter fallen Anordnungen:
a. rechtlichen Inhalts, aber individueller
oder konkreter Natur (z. B. Pr Vl. Art. 13: Ver-
leihung der Korporationsrechte an Religionsgesellschaften;
Art. 49 III: Abolitionsgesetz; RV. Art. 76 II: Entschei-
dung eines Verfassungsstreits durch ein Gesetz)t
Ob nicht auch das Individualgesetz (lex specialis) mit recht-
lichem Inhalt unter den Begriff des materiellen Gesetzes zu
setzen ist, ist streitig; dafür Laband.
b. tatsächlichen Inhalts (Etatsgesetz, Finanz-
gesetze, z. B. Pr Vu. Art. 99 II, 100, 103).
Wird in Fällen, in denen ein formelles Gesetz erforderlich
war, eine staatliche Anordnung durch bloße Verordnung ge-
troffen (z. B. eine Steuer auferlegt, Pr VuU. Art. 100), so wird
zuweilen die Genehmigung des Parlaments nachträglich herbei-
geführt (sog. Nachsuchen der Indemnität; so in Preußen für die
Ronfliktszeit, S. 519).