Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

160 § 21. Die Justiz. 
setzt und sogar zur Untätigkeit gezwungen („mit Warte- 
geld zur Disposition gestellt“) werden können, sind die 
Richter „inamovibel“, sie werden in der Regel auf 
Lebenszeit ernannt und können wider ihren Willen nur 
kraft richterlicher Entscheidung und in einem gesetzlich ge- 
regelten Verfahren ihres Amtes enthoben, versetzt oder in 
Ruhestand versetzt werden (GVG. 8§§ 6 ff., Pr VU. Art. 87). 
Für ihre „Disziplinierung“ bestehen in der Regel andere 
Voraussetzungen, Behörden und Verfahrensgrundsätze als 
für die der nichtrichterlichen Beamten (so auch in Preußen: 
Pr G. vom 7. Mai 1851 betr. die Dienstvergehen der Rich- 
ter und vom 21. Juli 1852 betr. die Dienstvergehen der 
nicht richterlichen Beamten; vgl. S. 641, S. 647 und 
Z. 1 8§ 329. 
Endlich sollen grundsätzlich nur fest („etatsmäßig“,) 
angestellte Richter, keine Hilfsrichter, tätig sein. Vgl. 
Z. 1 § 9d. 
3. Niemand darfseinemgesetzlichen Rich- 
ter entzogen werden. 
Durch diesen Grundsatz (Pr Vl. Art. 7, G. 8 16) 
wird dem Staatsbürger zugesichert, daß er in Zivil= und 
insbesondere in Strafsachen nur vor einem durch das Ge- 
setz für örtlich und sachlich zuständig erklärten, mit ein 
für alle Mal bestimmten Richtern besetzten „ordentlichen 
Gericht“, nicht vor einem „ad hoc“ zusammengesetzten 
Ausnahmegericht Recht zu nehmen braucht. Nur für den 
Fall des Krieges oder erklärten Kriegs= (Belagerungs-) 
zustandes werden Ausnahmegerichte zugelassen; aber auch 
diese empfangen ihre Organisation und Zuständigkeit aus 
den Gesetzen, nicht durch Anordnung des Staatshauptes 
oder einer Verwaltungsbehörde. 
Ein Ausnahmegericht war im alten Deutschen Reich das 
Königs= (Hof-, Kammer-) Gericht, insofern als es mittels des 
ius evocandi jede Sache den Landesgerichten entziehen konnte. 
Sobald ein Territorium anfing, sich vom Kaiser zu emanzi- 
pieren, wurde die reichskammergerichtliche Zuständigkeit in erster 
und letzter Instanz durch privilegia de non evocando und de non 
appellando ausgeschlossen. 
Ausnahmegerichte waren später z. B.: die Inqui- 
sitionsgerichte und die Femgerichte. Eine verhäng- 
nisvolle Tätigkeit übte in England die Sternkammer (sStar- 
Chamber, von den Sternen an der Decke des Sitzungssaales),
	        
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