Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

168 § 22. Die Verwaltung (Exekutive). 
dazu, die Justizorgane von den dem Subordinations- 
prinzip unterliegenden Verwaltungsorganen getrennt zu 
halten. 
Schon das Decret sur Porganisation judiciaire (1790) wies 
in Frankreich den Gerichten die Zivil= und Strafsachen, alle 
anderen staatlichen Angelegenheiten den Verwaltungsbehörden zu. 
In Preußen hatten noch die Kriegs= und Domänenkammern — 
neben der inneren Verwaltung und den Finanzen in der Mittel- 
instanz — die gesamte sog. Kameral justiz, d. h. alle 
Rechtsstreitigkeiten, bei der der Fiskus irgendwie beteiligt war. 
Erst durch die Verordnung vom 26. Dezember 1808 (S. 514) 
wurde die Trennung herbeigeführt. 
b. Heute kann der Grundsatz der „Trennung von 
Justiz und Verwaltung“ als Gemeingut aller Kulturvölker 
betrachtet werden (vgl. EGS#G#G. 8§ 4; den ordentlichen 
Gerichten, S. 160, dürfen — abgesehen von der Justizver- 
waltung, S. 158 — Gegenstände der Verwaltung nicht 
übertragen werden). Werden hiernach Justizsachen und 
Verwaltungssachen grundsätzlich durch verschiedene Behör- 
den erledigt, so hat sich anderseits in der Art der Behand- 
lung eine gewisse Annäherung vollzogen. Wie S. 164 dar- 
getan, ist auch die Verwaltung nicht nach Willkür, son- 
dern dem Gesetz gemäß zu führen. Daß dies geschieht, 
wird durch gewisse Einrichtungen überwacht (sog. Rechts- 
kontrollen der Verwaltung). 
1) Aehnlich dem Instanzenzug in Justizsachen, 
wird auch für Verwaltungssachen regelmäßig die Mög- 
lichkeit gewährt, gegen die Entscheidung einer Verwal- 
tungsbehörde eine dieser übergeordnete Behörde anzu- 
rufen (vgl. z. B. S. 656). 
2) Gewisse Verwaltungssachen werden in einem Ver- 
waltungsgerichtsverfahren erledigt, d. h. vor 
einer mit gerichtsähnlicher Unabhängigkeit ausgestatteter 
Entscheidungsbehörde, die in einem justizähnlichen 
Verfahren verhandelt. 
Die Ausbildung des Verwaltungsgerichtsverfahrens führt 
nicht auf England, sondern auf Frankreich zurück. In Eng- 
land (Rudolf Gneist, Englisches Verfassungs= und Verwal- 
tungsrecht, 1883 ff.) hat eine Trennung von Justiz und Ver- 
waltung, wie Montesquien irrtümlich annahm, nie be- 
standen. Die Friedensrichter (justices of the peace) vereinigen 
heute noch richterliche und polizeiliche Befugnisse. Wohl aber 
wurde diese Trennung in der französischen Revolu-h
	        
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