§ 22. Die Verwaltung (Exekutive). 169
tionsgesetzgebung streng durchgeführt; es wurden nicht
nur den Verwaltungsbehörden alle jurisdiktionellen Befugnisse
genommen, sondern umgekehrt auch den Gerichten die bis dahin
vielfach geübte Nichtigkeitserklärung von Verwaltungsakten ent-
zogen. Unter den letzteren unterschied man seit Napoleons I.
Organisationsgesetz vom 28. Pluviose an VIII (— 17. Februar
1800) die im Aufsichtswege (voie gracieuse) zu entscheidenden
reinen Verwaltungssachen von den durch besondere Behörden
— Conseils de préfecture) in letzter Instanz den Conseil d'Etat
sa im sog. contentieux zu entscheidenden Verwaltungsstreit-
achen.
In Italien und Belgien ist die Nachprüfung der
Rechtsgültigkeit von Verwaltungsakten den Gerichten über-
tragen. Auch für Deutschland ist dies u. a. von Bähr
(Der Rechtsstaat 66) und Lorenz von Stein (Verwaltungslehre
2. A. 69) verlangt worden. Hierfür kann auf Einrichtungen
des alten Deutschen Reichs hingewiesen werden. In diesem
konnte jeder Landesuntertan wegen der Verletzung seiner „wohl-
erworbenen Rechte“ durch Verwaltungsakte des Landesherrn oder
seiner Behörden Klage bei den Reichsgerichten (Reichskammer-
gericht oder Reichshofrat) erheben, vielfach allerdings erst nach
fruchtloser Anrufung einer „Austrägalinstanz“ innerhalb des Ter-
ritoriums. Die größeren, der privilegia de non evocando und-
appellando (S. 160) teilhaftigen Gebiete (territoria clausa) eman-
zipierten sich zwar von den Reichsgerichten. Hier kam aber
die sog. Fiskustheorie auf: zur Vermeidung der durch
die Verklagung des Landesherrn vor seinen eigenen Gerichten
entstehenden Schwierigkeiten wurde der Staat in seinen vermö-
gensrechtlichen Beziehungen (Fiskus) als ein von dem Staat
als Hoheitsträger zu scheidendes selbständiges Rechtssubjekt be-
handelt, das vor den Landesgerichten zur Rechenschaft gezogen
wurde. In neuerer Zeit wurde die Unterstellung der Verwaltungs-
akte unter die Nachprüfung der Gerichte, die sog. Zulässig keit
des Rechtswegs gegen Verwaltungsakte, in größtem Um-
fange durchgeführt in Kurhessen (bis zur Einverleibung
in Preußen, 1866) und in Bremen. In beschränktem Maße
geschah dies in Preußen durch die Gesetze vom 11. Mai 1842
(über die Zulässigkeit des Rechtswegs in bezug auf polizeiliche
Verfügungen, S. 675 und Z. II § 33 5) und vom 24. Mai 1861
(betr. die Erweiterung des Rechtswegs, nämlich für vermögens-
rechtliche Ansprüche der Staatsdiener und für die Rückforde-
rung zu Unrecht beigetriebener Abgaben und Stempel, S. 660).
Aus dem Reichsrecht vgl. G#. 8§8§ 9 (Rechtsweg für
Dienstansprüche der Richter), 17 (die Gerichte, entscheiden über
die Zulässigkeit des Rechtswegs; Vorentscheidung eines beson-
deren Kompetenzkonfliktsgerichtshofs — oder des Reichsgerichts,
EGGBG. § 17 I — zulässig, S. 660); 3PO. 88 274, 547 (pro-
zeßhindernde Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs); EGZPO.
38 4 (kein Ausschluß des Rechtswegs durch die Landesgesetzgebung
bei Beteiligung des Fiskus, einer Gemeinde oder einer anderen