§ 23. Die Organisation der Verwaltung. 179
S. 183, Beamte); nur wenige Schriftsteller (z. B. Georg Meyer)
verbinden damit noch heute den „englischen“ (politischen) Sinn
der Verwaltung durch unbesoldete Laien. Dieser letztere liegt
aber z. B. zugrunde dem § 742b SCstlKreisO. (Eignung von Per-
sonen, die in „Selbstverwaltungsämtern“ tätig gewesen sind,
als Landräte). 4
2. Die Entwicklung in England, Frankreich
und Deutschland.
a. In England herrschte bis in die jüngste Zeit eine
völlige Dezentralisation der Verwaltung. Der schon unter
Eduard III. (1360) an die Stelle des von der Zentralgewalt
abhängigen Vicecomes tretende Friedensrichter (justice of the
peace) wurde zwar von der Krone ernannt, war aber sowohl in
seinen richterlichen als seinen polizeilichen Funktionen nur den
Gesetzen untergeben. Er war allmählich von jeder Anweisung
oder Aufsicht einer höheren Verwaltungsbehörde befreit, hin-
sichtlich der Gesetzmäßigkeit seiner Anordnungen nur der Nach-
prüfung der ordentlichen Gerichte unterworfen. Er wurde für
jede Grafschaft (county) oder jeden selbständigen Stadtbezirk
(borough) ernannt, in der Regel aus der gentry, dem niederen
Grundadel, und verwaltete sein Amt als Ehrenamt (selfgovern-
ment). Bei dem Mangel einer Zentralinstanz wurde den örtlichen
Bedürfnissen durch die Private Bill Legislation und unzählige
Local Acts des Parlaments entsprochen. Erst seit der Reform-
bill von 1832 wurden für die bis dahin sehr vernachlässigten
Gebiete sozialer Fürsorge, das Armen-, Schul= und Gesund-
heitswesen, neue Verwaltungsbezirke als Zweckverbände geschaffen,
an deren Spitze besoldete Kommunalbeamte gestellt wurden, dem
gewählte Ausschüsse (boards) zur Seite gestellt sind. Zur Be-
aufsichtigung der Beamten wurde eine Zentralbehörde geschaffen,
1872 zum Local Government Board (Ministerium des Innern)
erweitert, während als mittlere Behörde reisende Inspectors mit
dem Recht zur Aufsicht (inquiry) bestehen.
8. Frankkreich ist, wie schon unter dem ancien régime
(gouverneurs seit Franz I., 1547, intendants seit Richelien unter
Ludwig XIII., 1630) das Land der bureaukratischen Zen-
tralverwaltung, nachdem ein in der Revolutionszeit ge-
machter Versuch der Bildung selbständiger Lokalverwaltungen
mittelst Wahl gescheitert war. An der Spitze der (87) Departe-
ments stehen Präfekten, den Arrondissements, in die die Departe-
ments geteilt sind, stehen Souspräfekten, den Gemeinden Maires
vor, alle von der Regierung ernannt und entfernbar. Die diesen
Staatsbeamten zur Ceite gestellten, auf Wahl beruhenden Räte
(Conseil général bzw. d’'arrondissement bzw. municipal) haben nur
die Vermögensverwaltung. Für deren laufende Geschäfte besteht
im Departement noch ein Ausschuß des Conseil général, die
Departementalkommission.
J7. In Deutschland hatte sich mit der Entstehung der
Landeshoheit seit dem 13. Jahrhundert eine vollständige Dezen-
tralisation der Reichsverwaltung vollzogen. Das Grafenamt