Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

Zweites Buch. 
Das Staats= und Derwaltungsrecht des 
Deutschen Reichs. 
Erster Abschnitt. 
EGeschichtliche Entwichlung.“) 
8§ 24. I. Das alte Deutsche Reich. 
a. Ubersicht der Entwicklung. 
1. Die Auflösung des karolingischen Weltreichs durch die 
Verträge von Verdun (843) und Mersen (870) und 
die Absetzung Karls des Dicken (887), unter dem noch 
einmal Ostfranken und Westfranken vereinigt waren, hatte den 
Grund zur Entstehung des deutschen Nationalstaats gelegt. Hein- 
rich I. (919—936) gelang es, die fünf g'oßen Stammes- 
reiche der Franken, Schwaben, ayern, Sachsen 
und Lothringer zu einem einheitlichen Staatsganzen zu- 
sammenzufassen, und sein Sohn Otto l. (936—973) errang 
die römische Kaiserwürde (962, „Heiliges römisches 
Reich deutscher Nation“"). 
2. Die Machtstellung des deutschen Königtums konnte je- 
doch auf die Dauer — trotz der Zertrümmerung der Stammes- 
herzogtümer — nicht aufrechterhalten werden. Schon mit dem 
Untergange der Hohenstaufen (1254) war die innere Auflösung 
des Reichs, eine unvermeidliche Folge der Weltpolitik der deut- 
schen Kaiser, tatsächlich entschieden, und der Schwerpunkt des 
staatlichen Lebens wurde infolge der Ausbildung des Lehnwesens 
und der Landeshoheit immer mehr in die Territorien verscho- 
ben (ogl. S. 84). Auf dem Reichstage zu Worms (1495) 
versuchten die Reichsstände unter Führung Bertholds von Henne- 
berg, das Reich zu einem Bundesstaat mit einer oligarchischen 
Zentralgewalt umzugestalten. Der Plan scheiterte indessen na- 
mentlich an dem Widerstand Maximilians I. (1493—1519). Im- 
*) Heusler, Deutsche Verfassungsgeschichte (05); Hub-ü 
rich, Deutsches Verfassungsrecht in geschichtlicher Entwicklung 
(13); v. Sybel, Begründung des Deutschen Reichs durch Wil- 
helm I.; Heinrich v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 
19. Jahrhundert; derselbe, Politik.
	        
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