190 § 25. Der Deutsche Bund.
Im Verlaufe der Freiheitskriege zerfiel der Rheinbund ohne for-
melle Auflösung. «
b. Die Gründung des Deutschen Bundes.
In der Deutsche n Bundesakte vom 8. Juni 1815
(ergänzt durch die Wiener Schlußakte vom 20. Mai 1820) ver-
einigten sich 38 deutsche souveräne Fürsten und Freie Städte
zum „Deutschen Bunde“, mit dem Zwecke der Erhal-
tung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der
Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staa-
ten. Osterreich und Preußen gehörten dem Bunde nur mit den
früher zum Deutschen Reiche gehörigen Besitzungen an. Von
Preußen blieben z. B. die Provinzen Preußen und Posen sowie
das (1857 aufgegebene, S. 510) Neuschatel mit Valengin außer-
halb des Bundes. Diesem gehörten anderseits von fremden
Ländern an: Dänemark mit Holstein und Lauenburg, die Nieder-
lande mit Luxemburg (und später Limburg). Die Mitglieder-
zahl sank im weiteren Verlaufe schließlich auf 33. Die terri-
toriale Gestaltung Deutschlands wurde in der von den Groß-
mächten vereinbarten Wiener Kongreßakte vom 9. Juni
1815 bestimmt. Von nun an war auch Hannover ein König-
reich. . .
c. Die Verfassung des Deutschen Bundes.
Dieser war weder der Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs,
noch der des Rheinbunds. Er trat von vornherein als Staaten-
bund (S. 117), als „völkerrechtlicher Verein“ (Wiener Schlußakte
Art. 1) auf.
1. Die Bundesversammlung (der Bundestag) hatte nicht
unmittelbare gesetzgebende Gewalt (S. 118). Die Bundesbeschlüsse
begründeten vielmehr nur für die Einzelregierungen die Ver-
pflichtung, die Beschlüsse zu beachten und — in den konstitutionel-
len Staaten nach dem Landesstaatsrechte gegebenenfalls unter
Zustimmung des Landtags — in ihren Territorien zu verkünden,
wodurch sie als Landesgesetze verbindlich wurden.
Der Bundestag war ein ständiger in Frankfurt a. M. ta-
gender Gesandtenkongreß mit zwei Versammlungsformen, dem
Engeren Rate (11 Viril= und 6 Kuriatstimmen) zur Er-
ledigung der minderwichtigen, besonders der laufenden Geschäfte,
und dem Plenum, in dem Osterreich und die fünf Königreiche
je 4, die übrigen Staaten je 1, 2 oder 3 Stimmen führten (bgl.
über die hierauf sich gründende Stimmenverteilung im heutigen
Bundesrat S. 238), zur Erledigung der wichtigeren Angelegen-
heiten; die Gesamtzahl der Stimmen im Plenum betrug ur-
sprünglich 69 bzw. 70, zuletzt nur noch 64. Im engeren Rat
entschied absolute Mehrheit; bei Stimmengleichheit gab der Prä-
sidialgesandte (Osterreich) den Ausschlag. Im Plenum war teils
Zweidrittelmehrheit, teils Einstimmigkeit erforderlich. Bei
Streitigkeiten der Bundesglieder, die einander nicht bekriegen
durften, hatte nach vergeblichem Vermittlungsversuch eines Bun-
destagsausschusses das „Austrägalverfahren“ vor dem