Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 26. Der Norddeutsche Bund und das Deutsche Reich. 193 
Schleswig nebst Lauenburg mit Dänemark ein unzertrennliches 
Reich bilde und sich nach dänischem Rechte vererbe, während die 
Verhältnisse für Holstein anders lägen, daß aber der König die 
Integrität des dänischen Gesamtstaates zu wahren bemüht sein 
werde. Nachdem Friedrich VII. 1848 den dänischen Thron be- 
stiegen hatte, brach in den Herzogtümern ein Aufstand aus, 
welcher sich gegen die beabsichtigte Einverleibung Schleswigs in 
Dänemark richtete und vom Deutschen Bund anfänglich unter- 
stützt wurde. Die Schleswig-Holsteinische Erhebung endete nach der 
Zurückziehung der Bundestruppen mit der tatsächlichen Einver- 
leibung Schleswig-Holsteins in Dänemark. 
Im Londoner Protokoll (8. Mai 1852) erklärten 
Dänemark einerseits und Osterreich, Fienkreiel, Großbritannien, 
Preußen, Rußland, Schweden anderseits die Aufrechterhaltung 
der Integrität der dänischen Monarchie zur Bewahrung des 
Sriedens ür wichtig und verpflichteten sich, eintretendenfalls dem 
erzog Christian von Sonderburg-Glücksburg (dem „Protokoll- 
prinzen“) und seinen männlichen Nachkommen aus der Ehe mit 
Luise von Hessen (S. 78) das Nachfolgerecht auf die Totalität 
der damals unter dem Könige von Dänemark vereinigten Staaten 
zuzuerkennen. Diesem Vertrage, auf dem das dänische 
Thronfolgegesetz vom 31. Juli 1853 beruhte, traten ver- 
schiedene deutsche und außerdeutsche Höfe bei; der Deutsche Bund 
als solcher war dagegen nicht zugezogen worden. In einem 
besonderen Vertrage vom 30. Dezember 1852 mit Friedrich VII. 
versprach der nächste Thronfolgeberechtigte der Augustenburger 
Linie, Herzog Christian (S. 78), für sich und seine Familie, 
der Neuordnung der Thronfolge in Dänemark und den Herzog- 
tümern nicht entgegentreten zu wollen. Demgemäß gelangte nach 
dem Tode König Friedrichs VII. 1863 Prinz Christian als 
Christian IX. auf den dänischen Thron. Ihm gegenüber trat 
der Sohn des Herzogs Christian von Augustenburg, welcher die 
Verzichterklärung seines Vaters als für ihn bindend nicht aner- 
kannte und die Rechtsgültigkeit des Londoner Protokolls und 
des Thronfolgegesetzes bestritt; er erklärte sich zum Herzoge 
Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein und wandte sich an den 
Bundestag um Anerkennung seiner Ansprüche. Der Bundestag 
beschloß die (zweite) Bundesexekution gegen Dänemark, und 
Sachsen und Hannover besetzten Holstein und Lauenburg. Als 
Christian IX. im November 1863 eine neue, die Einverleibung 
Schleswigs in Dänemark anordnende Verfassung verkündete und 
sich weigerte, diese Verfassung, welche die seit 1460 gewährleistete 
Verbindung der beiden Herzogtümer (s. o.) bedrohte, zurückzu- 
nehmen, rückten Österreich und Preußen 1864 in Schleswig ein. 
Christian IX. trat im Frieden von Wien (1864) Schleswig- 
Holstein und Lauenburg an Preußen und Osterreich zur gemein- 
schaftlichen Verfügung ab. Da Preußen der Bildung eines 
neuen selbständigen Staates widerstrebte, auch Herzog Friedrich 
von Augustenburg den von Bismarck mindestens geforderten An- 
schluß an Preußen ablehnte, so wurden seine Ansprüche unbe- 
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