8 31. Reichs= und Staatsangehörigkeit. 227
nämlich bei Besitz der Staatsangehörigkeit, sowohl auf
das Reich als auch auf den Einzelstaat. Sie stehen
grundsätzlich nur Inländern zu (vgl. bzgl. der Aus-
länder S. 321).
8. Die bürgerlichen Rechte, d. h. die Ansprüche
gegenüber dem Staat auf positive Leistungen (Jellinek:
„positiver Status“, Recht auf Schutz) und auf Unter-
lassung von Eingriffen (Jellinek: „negativer Status“,
S. 131), richten sich ebenfalls gegen Reich und Einzelstaat,
indessen nicht, wie die politischen Rechte, nur gegen den-
jenigen Einzelstaat, dem der einzelne angehört, sondern
im allgemeinen auch gegen die anderen Bundesstaaten.
Es bestimmt nämlich RV. Art. 3. I: „Für ganz
Deutschland besteht ein gemeinsames Indigenat
mit der Wirkung, daß der Angehörige (Untertan, Staats-
bürger) eines jeden Bundesstaats in jedem anderen Bun-
desstaat als Inländer zu behandeln und demgemäß zum
festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen
Amtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung
des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen
bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie
der Einheimische zuzulassen, auch in betreff der Rechts-
verfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu
behandeln ist.“
Diese Vorschrift hat nicht die Bedeutung, für alle
Reichsangehörigen ein „Reichsbürgerrecht“ zu
schaffen, sondern will nur das Landesrecht, soweit es
zwischen Inländern und Ausländern einen Unterschied
macht, gegenüber den Angehörigen anderer Bundesstaaten
außer Wirksamkeit setzen. Die Bedeutung des Art. 3
NV. ist also in gleichem Maße gesunken, wie die in ihm
aufgeführten Rechtsgebiete reichsrechtlich geordnet sind,
wie dies z. B. durch das Freizügigkeitsgesetz (S. 309),
die Reichsgewerbeordnung (S. 330), das Reichs= und
Staatsangehörigkeitsgesetz (S. 216), die Reichsjustizgesetze
und die übrigen Reichsgesetze geschehen ist.
N. Art. 3 bezieht sich nach der herrschenden Lehre nur
auf „Staatsangehörige“, wie aus dem Zusatz „Untertan, Staats-
bürger“ hervorgeht, also auf pPhysische, nicht auch auf juri-
stische Personen (vgl. L. 1 § 12 b 1; a. M. RGZ. 6 142, vgl.
auch 72 247). Das Reich pflegt jedoch seinen Schutz dem Aus-