4 8 1. Grundbegriffe und Einteilung.
Möglichkeit der Konstruktion absolut gültiger Rechtssätze zurück—
gekommen. Wohl aber lassen sich aus der Betrachtung der
heutigen und vergangenen Staatsgebilde gewisse Rechtsgedanken
feststellen, die mit so großer Regelmäßigkeit wiederkehren, daß
man annehmen kann, sie entsprächen dem Wesen des Staates
überhaupt. Ihre Darstellung gehört in das Allgemeine
Staatsrecht. Wie diese leitenden Gedanken in den einzelnen
Staaten durch deren Verfassungen und Gesetze verändert und
ergänzt sind, das darzulegen ist Sache des Besonderen
Staatsrechts.
3) Das Staatsrecht ist ein Teil des Offentlichen
Rechts. Man versteht hierunter die Gesamtheit der
Rechtsnormen, die das Verhältnis des Menschen zu den
ihmübergeordneten,öffentlichen Verbänden
sowie deren Grundlagen und Betätigungen betreffen. Das
öffentliche Recht ist Sozialrecht; in ihm herrscht
das Prinzip der Unterordnung (Subordination): der
Mensch kommt als Untertan (sujet) eines politischen Ge-
meinwesens in Betracht.
Das bürgerliche Recht (Privatrecht) ordnet
dagegen die Rechtsbeziehungen der Menschen als Einzel-
wesen (Individuum). Es ist also Individualrecht,
beruhend auf dem Grundsatze der Gleichordnung
(Koordination) der Beteiligten: der Mensch kommt als
Gemeinschafts= oder Vertragsgenosse (citoyen) in Betracht.
Diese Auffassung des Gegensatzes zwischen öffentlichem und
Privatrecht ist zurzeit herrschend. Nach anderer Anschauung ist
das Unterscheidungsmerkmal darin zu finden, ob eine bestimmte
Rechtsnorm zum Schutze öffentlicher Interessen oder
im Interesse einzelner gegeben ist (so schon Ulpian,
1., 1, 1, 2: Publicum ius est, qucd ad statum rei Romanae
spectat, privatum, duod ad singulorum utilitatem: sunt enim quaedam
publice utilia, qguaedam privatim). Eine dritte Ansicht endlich
unterstellt dem Privatrecht nur die Beziehungen des Men-
schen zur Güterwelt, also die der Vermögenssphäre an-
gehörenden Interessen.
Die praktische Bedeutung der Unterscheidung
liegt darin, daß grundsätzlich das bürgerliche, nicht aber das öffent-
liche Recht, durch den Parteiwillen umgestaltet werden kann (D.2,
14, 38: ius publicum privatorum pactis mutari non potest), baß
das Offentliche Recht also zwingend (ius cogens) ist;
und ferner darin, daß für die dem Privatrecht angehörenden
Streitigkeiten der Rechtsweg zulässig ist (d. h. die Ent-
scheidung durch die ordentlichen Gerichte stattfindet), während
für die dem HSffentlichen Recht angehörenden Streitfälle die Ent-
scheidung entweder von Verwaltungs behörden (im Verwal-