8 34. Präsidium (Kaiser). 245
1. Die Vertretung des Reichs, staatsrechtlich
gegenüber den einzelnen Bundesstaaten, völkerrechtlich
gegenüber dem Auslande (Art. 11 I).
Nach Laband auch privatrechtlich (doch bestehen in letzterer
Beziehung zahlreiche Sonderbestimmungen, vgl. Z. II Anh. IV C,
L. III Anh. II C).
a. Zu Friedensschlüssen bedarf er weder der
Zustimmung des Bundesrats noch der des Reichstags; zur
Kriegserklärung ist dagegen die Zustimmung des
Bundesrats erforderlich, außer wenn schon ein Angriff
auf das Bundesgebiet oder seine Küsten erfolgt ist (Art.
11 II; über die Schutzgebiete vgl. S. 503).
8. Bei Staatsverträgen mit fremden Staaten
über nach Art. 4 der Reichsgesetzgebung un-
terliegende Gegenstände ist nach Art. 11 III zum
Abschluß die (vorgängige) Zustimmung des Bundesrats
und zu ihrer Gültigkeit die (nachträgliche) Genehmi-
gung des Reichstags nötig (über den abweichenden Sprach-
gebrauch des BGB. siehe daselbst §88 183, 184, auch
unten S. 253).
a. An diese Vorschrift knüpfen sich zahlreiche Streitfragen.
Allgemein wird zwar angenommen, daß die Vorschrift des Art.
11 III auf alle der Gesetzgebung im Sinne des Art. 5 unter-
liegenden Gegenstände zu erstrecken ist, also nicht nur auf die
in Art. 4 aufgezählten. Zweifelhaft ist dagegen, welche Bedeutung
den Erfordernissen der Zustimmung des Bundesrats und der Ge-
nehmigung des Reichstags beizulegen ist. Nach der herrschenden
Lehre wird durch beide die völ kerrechtliche Legitimation
des Kaisers nicht beschränkt, sondern nur die staat srechtliche
Wirksamkeit (die Verpflichtung der Behörden und Bewohner des
Reichs, sich nach dem Vertrage zu richten) bedingt; hieraus
folgt dann allerdings die verfassungsrechtliche Verpflichtung des
Kaisers, zur Vermeidung von Kollisionen zwischen völkerrecht-
licher Bindung und staatsrechtlicher Durchführbarkeit, Verträge
nur abzuschließen, wenn außer der Zustimmung des Bundesrats
die Genehmigung des Reichstags bereits erfolgt oder doch mit
Sicherheit zu erwarten ist. Erst durch den Gesetzesbefehl wird
der Staatsvertrag im Inlande verbindlich. In der Praxis er-
folgt übrigens die „Ratifikation“ (S. 176) gewöhnlich erst nach
der Zustimmung von Bundesrat und Reichstag, nur daß in-
korrekter Weise ein besonderes den Staatsvertrag vollziehendes
Gesetz nicht erlassen zu werden pflegt; vielmehr wird im Rl.
nur der Text des VBertrags — ohne Unterschrift des Kaisers und
ohne Gegenzeichnung des Reichskanzlers — und der Ratifika-
tionsvermerk abgedruckt (gebilligt in einer Entsch. des R.