Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

6 § 1. Grundbegriffe und Einteilung. 
die durch die Novemberverträge (S. 198) zwischen 
dem Norddeutschen Bunde und den Regierungen der vier 
Südstaaten vereinbarte Verfassung des Deutschen Reiches, 
nachdem sie vom Bundesrat und Reichstag des Norddeut- 
schen Bundes angenommen war, den Landesvertretungen 
von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen zur ver- 
fassungsmäßigen Genehmigung vorgelegt. Erst durch die 
allseitige Genehmigung aller gesetzgebenden Faktoren er- 
hielt die Verfassung unmittelbar verbindliche Kraft für die 
Untertanen. 
c. Die Volkswirtschaftslehre (theoretische Na- 
tionalökonomie) 
beschäftigt sich mit den Erscheinungen des Wirtschafts- 
lebens (Produktion, Umsatz, Konsumtion von Gütern), 
d. h. von Gegenständen zur Befriedigung wirtschaftlicher 
Bedürfnisse innerhalb eines Volkes, während die 
erst neuerdings zu einem selbständigen Forschungsgebiet 
erhobene Privatwirtschaftslehre die wirtschaft- 
lichen Vorgänge innerhalb der Einzelwirtschaften zum 
Gegenstande hat. 
J. Die angewandte (praktische) Staats- 
wissenschaft oder Politik (Staatskunst) 
ist die Lehre von der zweckmäßigsten Gestal- 
tung der staatlichen Einrichtungen zur bestmöglichen 
Löfung der staatlichen Aufgaben (sowie die auf diese 
Gestaltung hinwirkende schöpferische Tätigkeit). 
Aristoteles versteht unter Politik die Wissenschaft oder 
Kunst vom Staate (9 Jolder###, sc. ré#7). Ebenso bedeuten „sciences 
(morales et) politiques“, „politics“ oder „political science“, „scienza 
politica“ die Staatswissenschaften überhaupt. Auch heute noch 
versteht man vielfach unter „politisch“ jede öffentliche Angelegen- 
heit, so z. B. im Vereinsgesetz § 3: „politischer Verein“, 
d. h. ein Verein, der eine Einwirkung auf öffentliche An- 
gelegenheiten bezweckt. Auch in der Verbindung „politische Ge- 
meinde“ bedeutet „politisch“ „staatlich“, im Gegensatz zur kirch- 
lichen Gemeinde. 
Die Politik kann sein: 
a. Gesetzgebungspolitik oder Verwal- 
tungspolitik, je nachdem die Schaffung der zweck- 
mäßigsten Rechtsnormen oder die zweckmäßigste Anwen- 
dung der geschaffenen Rechtsnormen in Frage steht;
	        
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