260 836. Anh. z. 8 35. Die polit. Parteien im Reichstag.
Partei die geistige Rüstung geliefert hat) und Hermann
Wagener (1815—1889, der erste Chefredakteur der Kreuz-
zeitung und Verfasser des „Staats= und Gesellschaftslexikons“,
1866 ins Staatsministerium berufen, 1873 wegen der von Lasker
ausgedeckten Beteiligung an pommerschen Bahngründungen ent-
lassen).
b. Die erste, nicht wieder beseitigte Spaltung in der konser-
vativen Partei — die im Preuß. Abgeordnetenhause 1857 über
181 von 352 Sitzen verfügte, wenn sie auch in mehrere nach
den Führern benannte Gruppen zerfiel —, wurde 1866 durch
den die Konfliktsperiode abschließenden Indemnitätsantrag her-
beigeführt (S. 519). Der größere Teil der Partei hielt diesen
Antrag für überflüssig und politisch verkehrt und mißbilligte
die das Legitimitätsprinzip (S. 35) verletzenden Annexionen;
ein kleiner Teil war bereit, sich auf den Boden der Verfassung
zu stellen und mit den gemäßigt Liberalen die auf die Zu-
sammenfassung der deutschen Lande unter preußischer Hegemonie
gerichtete Politik Bismarcks rückhaltlos zu unterstützen. Dieser
linke Flügel der Konservativen (unter Prinz Karl v. Hohenlohe)
schloß sich im Preußischen Abgeordnetenhause unter der Bezeich-
nung Freikonservative (später im Reichstag unter dem
Namen Reichspartei) zu einer Fraktion zusammen, die
die festeste Stütze der Bismarckschen Politik war, besonders auch
im Kulturkampf (Kultusminister Falk). Sie brachte es im
Reichstag 1878 auf 57 Stimmen, belegt zurzeit aber nur 11
Sitze. Ihre zeitigen Führer sind: Arendt, v. Gamp, v. Kar-
dorff, v. Zedlitz; ihr Parteiorgan ist die Post.
c. Auch unter den übrig gebliebenen Konservativen zeigte
sich eine allerdings vorübergehende Spaltung zwischen den Bis-
marck geneigten „Neukonservativen“ und den ihm scharf oppo-
nierenden „Altkonservativen“ („Ara“-Artikel Perrots, „Dekla-
ranten“ — Erklärung im Februar 1876 gegen Bismarck, der
die Kreuzzeitung — wegen der ihm unterstellten unlauteren Ver-
bindung mit Bleichröder — der Verleumdung beschuldigt und
jeden, der sie unterstütze, für mitschuldig erklärt hatte).
Der Kampf gegen die aufkommende Sozialdemokratie und
der Übergang von der manchesterlich-freihändlerischen zur pro-
tektionistisch-schutzzöllnerischen Wirtschaftspolitik brachte seit 1876
die Annäherung Bismarcks und den erneuten Zusammenschluß
der Rechtskonservativen zur „Deutsch-konservativen“ (im
Abgeordnetenhause „konservativen“) Partei. Seither hat diese
Partei, die sich im „Tivoliprogramm“ von 1892 — mit
stark antisemitischem Einschlag — eine feste Grundlage geschaffen
hatte, von wenigen Zwischenfällen abgesehen (Kanalvorlage, S.
395, Erbschaftssteuer, S. 472), die Regierungsmehrheit hergestellt,
in der Regel mit der Reichspartei, vielfach auch mit dem Zen-
trum, im Reichstage 1887—1890 („Kartell“ aller reichstreuen
Parteien zur Durchsetzung des Militärseptennats, S. 294, dessen
Ablehnung 1887 zur Auflösung des Reichstags führte) und wäh-