Erstes Buch.
Allgemeines Staatsrecht.
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Erster Abschnitt.
Begriff des Staates.
8§8 2. Der Staatsbegriff. Allgemeines.
Das Wort Staat für höchstes Gemeinwesen (ohne Rück-
sicht auf Art und Regierungsform) entstammt dem mittelalter-
lichen Italienisch (stato, eigentlich Verfassungszustand, vgl. S. 66);
es ist über Frankreich (état) zu uns gekommen, hat aber erst
durch das ALR. („Allgemeines Landrecht für die Preußischen
Staaten“, 5. Februar 1794) allgemeine Anerkennung erhalten.
Im Altertum fehlte ein entsprechendes Wort; ##es bezeich-
nete die Stadt (Sparta, Athen, Theben, Korinth), mit der für
die Griechen das Gemeinwesen zusammenfiel. Ebenso bezeichneten
die römischen Ausdrücke res publica, civitas, imperium cigentlich
nicht den Staat als solchen, sondern das Staatsvermögen, das
Staatsvolk und die Staatsgewalt, und auch in Deutschland wurde
mit Reich (regnum, rägne) und Land nur ein einzelnes Begriffs-
merkmal (Gewalt bzw. Gebiet) gekennzeichnet. Aber schon Macchia-
velli (1469—1527) beginnt sein berühmtes Werk „II Principe“
(1514) mit den Worten: „Tutti gli stati sono (sind) o republicche
·0 principati“.
a. Staatsbegriff und Staatsidee.
Es handelt sich hier um die Feststellung des juristi-
schen Begriffs Staat und seiner Merkmale im Sinne
eines aus der Menge der gegenwärtigen und vergangenen
Gebilde (empirisch) abgeleiteten Normaltypus. Diesem
realen, aus der Wirklichkeit durch In duktion gewon-
nenen Staatsbegriff stellte die philosophische (speku-
lative) Betrachtung die durch De duktion ermittelte
Staatsidee, das Rechtsideal gegenüber, d. h.
(Bluntschli): „das Bild des noch nicht verwirklichten, aber
anzustrebenden Staates in dem leuchtenden Glanze ge-
dachter Vollkommenheit“.