Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 40. Das Reichskriegswesen. 287 
zusammen aus dem Landheer und der Kriegsmarine. 
Die staatsrechtliche Stellung beider ist aber verschieden. 
Nach RV. Art. 53 ist die Kriegsmarine des Reichs eine 
einheitliche unter dem Oberbefehle des Kaisers. Dieser 
bestimmt Organisation und Zusammensetzung, er ernennt 
Offiziere und Beamte, die ihm den Fahneneid leisten. Die 
für die „Kaiserliche Marine“ erforderlichen Aus- 
gaben trägt das Reich. Dagegen gibt es (so Laband, 
Anschütz und v. Seydel gegen Zorn, Schulze, Arndt, 
Meyer, Hänel, Bornhak) kein „Kaiserliches Heer“. Viel- 
mehr haben die von den einzelnen Bundesstaaten zu stel- 
lenden Kontingente grundsätzlich ihre Selbständigkeit 
behalten, und nur in einzelnen Beziehungen ist eine Zu- 
sammenfassung derselben zu einem „einheitlichen“ 
Heere (RW. Art. 63) erfolgt, während im übrigen die 
Militärhoheit den Einzelstaaten verblieben ist. 
Der Ausdruck „einheitlich“ in Art. 63 bedeutet nach der 
hier vertretenen Auffassung also nicht eine staatsrechtliche, 
sondern nur eine militärisch = tech nische Einheit, entsprechend 
dem Sprachgebrauch der Art. 42 und 54, wo von einem 
„einheitlichen"“ Eisenbahnnetz und einer „einheitlichen“ Handels- 
marine die Rede ist. 
Der Grund der verschiedenen Behandlung von Landheer 
und Kriegsmarine liegt darin, daß die Kriegsmarine allein aus 
der preußischen Marine hervorgegangen ist, während alle Bundes- 
staaten eigene Landheere hatten. 
Eine preußische Kriegsmarine hat es schon unter dem 
Großen Kurfürsten gegeben. Unter ihrem Schutze wurden seit 
1682 auch Kolonien an der Küste von Guinea angelegt (Feste 
Groß-Friedrichsburg auf dem Berge Manfro, im heutigen eng- 
lischen Gebiete, nicht in den heutigen deutschen Schutzgebieten 
Togo und Kamerun). 1717 trat Friedrich Wilhelm I. diese 
Erwerbungen an die Holländisch-Westindische Kompagnie ab, und 
die Kriegsflotte wurde aufgegeben. Ein Versuch zur Schaffung 
einer Deutschen Marine wurde dann 1848 gemacht. Die aus 
freiwilligen Gaben angeschafften Schiffe wurden jedoch 1852 im 
Auftrage des reaktivierten Bundes von Lorenz Hannibal Fischer 
#lottensischert versteigert, was große Entrüstung hervorrief. 
egen erwarb Preußen 1853 den Jadebusen (Wilhelmshaven) 
von Oldenburg und begann, nachdem es so einen Stützpunkt an 
der Nordsee gefunden hatte, die Gründung einer Kriegsflotte, 
welche 1867 auf den Norddeutschen Bund überging. 
Luftschiff= und Flugzeugwesen sind neuerdings sowohl dem 
Heere wie der Marine dienstbar gemacht worden. 
Heilfron, Staats= und Verwaltungsrecht. 20
	        
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