222 § 40. Das Reichskriegswesen.
der Praxis die Vertretung des Militäretats sowie die Auskunft-
erteilung in militärischen Angelegenheiten im Reichstage wesent-
lich durch den preußischen Kriegsminister erfolgt.
8. eine gewisse Territorialhoheit
über die innerhalb des Staatsgebiets befindlichen
Truppen. Nach NV. Art. 66 II steht den Souveränen
„das Recht zu, zu polizeilichen Zwecken nicht bloß ihre
eigenen Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen
Truppenteile des Reichsheeres, welche in ihren Länder-
gebieten disloziert sind, zu requirieren“ (vgl. S. 297);
y. gewisse landesherrliche Befugnisse.
Die Souveräne sind Chefs aller ihren Gebieten
angehörenden Truppenteile und genießen die damit ver-
bundenen Ehren einschließlich des Inspektionsrechts (NV.
Art. 66). Ferner wird die Militärpflicht nicht dem Kaiser,
sondern dem Landesherrn geleistet. Daher wird diesem
und nicht dem Kaiser oder dem Kontingentsherrn der
Fahneneid geleistet, auch falls ein Wehrpflichtiger gemäß
der bestehenden „nilitärischen Freizügigkeit“
nicht in seinem Heimatskontingente seiner Militärpflicht
genügt (S. 290).
. 3. Das aus dem Vorstehenden sich ergebende verfas-
sungsmäßige Verhältnis der Reichsmilitärhoheit zur Lan-
desmilitärhoheit ist durch Militärkonventionen
(vogl. RV. Art. 66) und den bayerischen Bündnisvertrag
tatsächlich anders geordnet. Sämtliche Bundesstaaten,
mit Ausnahme von Bayern, Sachsen und Württemberg,
haben nämlich ihre Militärhoheit zur Ausübung in weitem
Umfang auf Preußen übertragen. Tatsächlich gibt es
also nur vier Kontingente: das preußische, bayerische,
sächsische und württembergische.
a. Die mit den Bundesstaaten (außer Bayern,
Sachsen und Württemberg) abgeschlossenen Militärkon-
ventionen Preußens sind teils auf unbestimmte Zeit, teils auf
Kündigung geschlossen. Sie weichen auch sonst im einzelnen
vielfach von einander ab. Baden, Hessen, Mecklenburg haben
ihre Gliederung als besondere Kontingente behalten, für andere
Staaten sind besondere Regimenter errichtet, die übrigen haben
auf Aufstellung eigener Kontingente ganz verzichtet; zugleich
sind Einschränkungen des kaiserlichen Dislokationsrechts (S. 288)
damit verbunden. Das Offiziersernennungsrecht steht im allge-
meinen dem König von Preußen zu (in Hessen und Mecklenburg
erhalten die Offiziere auch noch großherzogliche Patente). Die