Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 40. Das Reichskriegswesen. 299 
1912, der Forst= und Jagdbeamten PrE. vom 31. März 1837, 
der Gefängnisbeamten GefängnisO. vom 21. Dez. 1898 § 22). 
d. Ausnahmen von dem in Pr#n. Art. 36 aufgestell- 
ten Grundsatze, daß das Militär nur auf Requisition der Zivil- 
behörde einschreiten dürfe, sind durch ausdrückliche Gesetzesbe- 
stimmungen nicht eingeführt worden. Selbstverständlich stehen 
dem Militär die allgemeinen Vorschriften über Notwehr (St G. 
§ 53), vorläufige Festnahmen Hriue §§ 127 f.) usw. ebenfalls 
zur Seite. Auch wird ein selbständiges Eingreifen des Militärs 
dann statthaft sein, wenn sich ihm bei Ausübung staatshoheitlicher 
Funktionen, z. B. bei Übungen, Hindernisse entgegenstellen oder 
wenn bei inneren Unruhen die Zivilbehörden überhaupt außer- 
stande sind, das Militär zu requirieren. Nicht zweifelsfrei ist der 
§4 der Instruktion vom 29. Jan. 1881 für die Wachen in 
Hinsicht der von ihnen vorzunehmenden Verhaftungen und vor- 
läufigen Festnahmen (vgl. DJZ. 13 1463; 14 123). Die aus 
Anlaß des Falles Zabern Ende 1913 vielumstrittene AKO. 
vom 17. Oktober 1820, die zwar nicht in der Gesetzsamm- 
lung, wohl aber in v. Kamptz' Annalen 4 810 veröffentlicht ist, 
erklärt den Militärbefehlshaber ferner dann für befugt und ver- 
pflichtet, auch ohne Requisition der Zivilbehörde bei Ruhestörun- 
gen einzugreifen, wenn er findet, daß die Zivilbehörde mit der 
Requisition zu lange zögert, indem ihre Kräfte zur Herstellung 
der Ruhe nicht mehr zureichen. Die Rechtsgültigkeit dieser, in 
die Dienstvorschrift von 1899 über den Waffengebrauch des Mi- 
litärs und seine Mitwirkung bei der Unterdrückung innerer Un- 
ruhen inhaltlich übernommenen Bestimmung unterliegt angesichts 
des Art. 36 Pr Lu. — trotz Labands Ausführungen (D#. 
14 185) — erheblichen Bedenken, denen durch die vom Kaiser 
angeordnete Nachprüfung Rechnung getragen worden ist. Die 
neue Dienstvorschrift über den Waffengebrauch 
des Militärs vom 19. März 1914 (vom König unter 
Gegenzeichnung des Ministers genehmigt und für alle unter preu- 
ßischer Heeresverwaltung stehenden Truppenteile geltend) ermäch- 
tigt das Militär zum Einschreiten ohne Anforderung der Zivil- 
behörde: 
1) in Gebieten, die in Kriegs= oder Belagerungszustand 
erklärt sind; 
2) wenn in Fällen dringender Gefahr für die öffentliche 
Sicherheit die Zivilbehörde infolge äußerer Umstände außer 
Stande ist, die Anforderung zu erlassen. 
c. Die Kriegsmarine. 
1. Die Kaiserliche Marine steht seit der Verordnung 
vom 14. März 1899 nicht mehr unter dem (am ge- 
nannten Tage beseitigten) Oberkommando des „Komman- 
dierenden Admirals“, sondern unmittelbar unter dem 
Oberbefehle des Kaisers; die frühere Admiralstabsabtei- 
 
	        
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