Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 3. Das Staatsvolk. 11 
Vermögens von Ausländern an ausländische Erben erhobene 
Abschoß (gabella hereditaria, detractus realis) wurde 
unter den deutschen Bundesstaaten durch Art. XVIII der Deut- 
schen Bundesakte und den erläuternden Bundesbeschluß vom 
23. Juni 1817, im Verhältnis zum Auslande durch Staats- 
verträge beseitigt. Seither geht die deutsche Auswande- 
rungspolitik auf Verhinderung der Auswanderung zur 
Umgehung der Erfüllung der Militärpflicht (StG B. 88 140, 
360 3, Wehr G. 8 15 III, RPMil G. § 602) und auf bloße Ueber- 
wachung des Auswanderungsverkehrs in der Richtung, die ehe- 
malige Ausbeutung der Auswanderer durch Agenten, Reedereien 
und Grundstückseigentümer zu verhüten, die Auswanderer tun- 
lichst den deutschen Reedereien zuzuführen und für ihr ferneres 
Fortkommen unter Aufrechterhaltung der Beziehungen zum 
Heimatlande zu sorgen; darauf beruhen auch 8§8 9 II, 10, 11, 
13 des neuen Staatsangehörigkeits#. vom 22. Juli 1913, S. 
218. Vglgl. das auf Grund von N. Art. 41 erlassene Aus- 
wanderungs G. vom 9. Juni 1897 (S. 326). 
Der Auswanderungsfreiheit entspricht natürlich keine Ein- 
wanderungsfreiheit. Wenngleich kein Kulturstaat sein 
Land Fremden völlig verschließen kann und die Ausländer nicht 
mehr, wie ehemals (S. 15), als rechtlos behandeln darf, so 
kann er anderseits jeden Ausländer, bis er ihn durch Ein- 
bürgerung (Naturalisation) zum Inländer gemacht hat, des 
Landes verweisen, sofern nicht Niederlassungsverträge entgegen- 
stehen (uvgl. für Deutschland S. 325). Daher kann jeder Staat 
auch für die Einwanderung von vornherein bestimmte Voraus- 
setzungen vorschreiben; so verlangt z. B. Nordamerika eine, 
gewisse Bildung, Gesundheits- und Vermögenslage. Noch schärfer 
sind die Einwanderungsvorschriften gegenüber den Angehörigen 
der Länder, die auch ihrerseits ihr Gebiet nur in beschränktem 
Maße den Fremden eröffnen wie China, wo den Fremden nur 
an bestimmten Orten Niederlassungen (settlements) unter eigener 
Verwaltung gestattet sind. Die Einwanderung chinesischer Ar- 
beiter ist z. B. in Panama gänzlich verboten, in Nordamerika 
nur gegen eine Kopftaxe von 500 Dollar gestattet (Chinese 
Immigration Act von 1903). 
2. Erwerb und Verlust der Staatsange- 
hörigkeit bestimmt sich zunächst nach inländischem 
Recht. Da die Rechtsgrundsätze der einzelnen Staaten 
von einander vielfach abweichen, so kann jemand eine 
mehrfache Staatsangehörigkeit besitzen (sujet mixte) 
und anderseits staatenlos (apolich) sein. 
Die hierbei entstehenden Kollisionen werden zuweilen 
durch Staatsverträge beseitigt. 
a. In den 1868 vom Norddeutschen Bund mit den Ber- 
einigt. Staaten geschlossenen, nach dem damaligen amerik. Ge- 
sandten in Berlin benannten Bancroftverträgen wird 
 
	        
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