Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 12. Paßwesen und Fremdenpolizei. 323 
n. Die Bekenntnisfreiheit mit Einschluß der 
devotio domestica (Ki. § 4 b 1 8) ist als bürgerliches 
Recht im Sinne des RG. v. 3. 7. 1869 betr. die Gleich- 
berechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staats- 
bürgerlicher Beziehung (oben S. 311), anzusehn. Dieses 
Gesetz gilt nach Anschütz (anders Arndt unter Berufung 
auf RESt. 13 207) auch zugunsten der Ausländer im 
Reich, unbeschadet der landesrechtlichen Bestimmungen, die 
die Anhänger bestimmter Religionen wegen ihrer Aus- 
ländereigenschaft schlechter stellen. 
In Kraft ist daher noch § 71 II des Pr G. vom 23. Juli 
1847 über die Verhältnisse der Juden, wonach ausländische 
Juden nur mit Genehmigung des Ministers des Innern als 
Rabbiner und Synagogenbeamte angenommen werden dürfen, 
während § 71 I, der die gleiche Genehmigung für die Nieder- 
lassung ausländischer Juden fordert, richtiger Ansicht nach be- 
seitigt ist. Die Regelung der Verhältnisse ausländischer Religions- 
gesellschaften unterliegt, gleich derjenigen der inländischen 
Religionsgesellschaften, keinen reichsrechtlichen Schranken (vgl. 
E#BGB. Art. 84, VerG. 8§ 24); für Preußen kommen in 
Betracht Pr Vll. Art. 12, 1 (Freiheit der Vereinigung zu Religions- 
gesellschaften) und die §§ 2 III, 10 des Pr Ver G. vom 11. März 
1850 (vgl. unten S. 440), wobei aber zu berücksichtigen ist, daß 
der Erlaß des Ministers des Innern vom 13. Mai 1908 auch 
für das bisherige preußische Vereinsrecht ein Recht der Aus- 
länder zur Vereinsbildung und Versammlung in Abrede stellt. 
2. Schlechterstellung der Ausländer. 
Trotz der weitreichenden, im vorstehenden dargelegten 
Gleichstellung der Ausländer mit den Reichsangehörigen 
besteht doch ein wesentlicher Unterschied: die Ausländer 
werden im Gegensatz zu dem den Inländern in N. 
Art. 3 gewährleisteten Recht (S. 227) nur geduldet 
und unterliegen der Fremdenpolizei. 
a. In ihrer Person liegende Gründe („lästige Aus- 
länder“, undesirable strangers) berechtigen zur Aus- 
weisung. Solche Gründe können sein strafrechtliche, 
polizeiliche (Armen-, Gesundheitspolizei usw.) und poli- 
tische. 
Dabei ist zu unterscheiden: 
a. Eine Ausweisung aus dem Reichsgebiete 
ist nur statthaft in den Fällen der §8 39 (Polizeiaufsicht), 284 
(Glücksspiel), 362 (Überweisung an die Landespolizeibehörde) 
StGB. und zwar im ersten und letzten Falle nur auf 5 bzw. 2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.