350 § 45. Handwerkswesen.
Zwangsbefugnissen zurückgewährt und für die „alten Innungen“
eine Anpassung an die neuen Grundsätze vorgeschrieben. Dies
geschah besonders durch die Novellen zur GewO. vom 26. Juli
1897 (sog. Handwerkergesetz) und vom 30. Mai 1908 (in
Kraft seit 1. Oktober 1908, Einführung des „kleinen Befähigungs-
nachweises“). 6— 4— T / R Ie .. " 74— "
1. Freie Innungen und fakultative
Zwangsinnungen.
a. Freie Innungen.
Nach der Gew., auch in der jetzt geltenden Fassung
(Titel VI §§ 81 ff.), beruht das Innungswesen grundsätz-
lich auf den freien Innungen, d. h. auf dem frei-
willigen Zusammenschlusse der ein Gewerbe in einem
gewissen Bezirke selbständig betreibenden Personen (auch
z. B. der Rechtskonsulenten) zu einer Vereinigung zwecks
Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen
(§ 81).
a. Die freie Innung kann Fach-- oder gemischte
Innung sein (anders die Zwangsinnung) und erlangt Rechts-
fähigkeit mit der Genehmigung des Innungsstatuts durch die
höhere Verwaltungsbehörde (nach Zust G. 8§8 124, 161 den Be-
zirksausschuß, in Berlin den Polizeipräsidenten), über deren
Bezirk in der Regel der Innungsbezirk nicht hinausgehen soll
(§8 82, 84, 86, 92b). Aufgenommen werden können außer den
selbständigen Gewerbetreibenden noch gewisse andere Personen-
klassen, z. B. Werkmeister in Großbetrieben; das Statut kann
besondere Aufnahmebedingungen, z. B. Ablegung einer Prüfung,
festsetzen (§8 87, 83 II, 3).
b. Die Aufgaben der freien Innung sind:
1) teils obligatorische, § 81 a: namentlich Pflege
des Gemeingeistes, so durch die, bei Zwangsinnungen übrigens
unzulässige (§ 100 0), Festsetzung von Minimaltarifen, Förde-
rung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und
Gesellen, Regelung des Lehrlingswesens, Entscheidung von Lehr-
lings streitigkeiten nach § 4 GGG. unter Ausschluß der ordent-
lichen und der Gewerbegerichte, vgl. §8 83 II 11, 91b, G. 8§ 13,
GG. § 84, EGRBO. Art. 101, 103,
2) teils fakultative, § 81 b: namentlich Veranstaltungen
zur Förderung der Ausbildung, von Prüfungen, Errichtung von
gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieben. Us ungskassen, In-
nungskrankenkassen — letztere jetzt selbständig rechtsfähig, RBO.
§88 3, 4, 250 ff., EGR. Art. 102, 103 —, Schiedsgerichten zur
Entscheidung von Streitigkeiten der in § 4 GG. bezeichneten
Art zwischen Innungsmitgliedern und Gesellen oder Arbeitern
an Stelle der sonst zuständigen Behörden, vgl. 88 85, 91—91 b,
GVG. 8 13, G-. 8 84, CGRVO. Art. 101, 103.