Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 45. Handwerkswesen. 351 
6. Zwangsinnungen 
sind zur Wahrung der gemeinsamen gewerblichen In- 
teressen der Handwerke gleicher oder verwandter Art, 
also z. B. nicht für Rechtskonsulenten, Gastwirte, Fabrik- 
besitzer (vgl. AusfAnw. Ziff. 96), auf Antrag Be- 
teiligter (daher fakultative Zwangsinnungen) von der 
höheren Verwaltungsbehörde (dem Regierungspräsidenten, 
in Berlin dem Oberpräsidenten, AusfAnw. Ziff. 2, 97 ff.) 
ins Leben zu rufen, wenn die Mehrheit der beteiligten 
Gewerbetreibenden der Einführung des Beitrittszwangs 
zustimmt und die Abgrenzung des Innungsbezirks, so- 
wie die Zahl der beteiligten Handwerker gewisse Voraus- 
setzungen erfüllt. 
Der Antrag kann auf die Begründung des Beitrittszwangs 
für diejenigen Gewerbetreibenden beschränkt werden, welche der 
Regel nach Gesellen oder Lehrlinge halten (8 100). Rechts- 
fähigkeit erlangt die Zwangsinnung mit der Genehmigung, in 
dem Sonderfalle des § 100 d II mit dem Erlasse des Statuts durch 
die höhere Verwaltungsbehörde. Die Mitgliedschaft ist für die 
von der Zwangsinnung nach Gesetz oder Statut umfaßten Ge- 
werbetreibenden von Beitritt oder Aufnahme nicht abhängig, 
während gewisse andere Personen ein in einzelnen Beziehungen 
beschränktes Beitrittsrecht haben (§8 100 f, g); juristische Per- 
sonen sind nicht verpflichtet, einer Zwangsinnung anzugehören 
(AusfAnw. Ziff. 96 III). » 
AufdieZwangsinnungeusfindestdie§§818—99(S.300) 
mit einer Reihe von Abweichungen Anwendung (8 1000). 
2. Innungsausschüsse · 
können für alle oder mehrere derselben Aussichts- 
behörde (nach § 96 der unteren Verwaltungsbehörde, d. h. 
in Preußen der Gemeindebehörde bzw. dem Landrat, 
AusfAnw. Ziff.3) unterstellten Innungen, seien es Zwangs- 
oder freie, Fach= oder gemischte Innungen, errichtet wer- 
den durch ein von den Innungsversammlungen zu be- 
schließendes, von der höheren Verwaltungsbehörde zu ge- 
nehmigendes Statut (8 101, AusfAnw. Ziff. 115). 
Dem Innungsausschuß liegt die Vertretung der HZemeinsamen 
Interessen ob und können die Rechte und Pflichten der be- 
teiligten Innungen (S. 350) übertragen werden; Innungstranken= 
kassen kann er jedoch nicht errichten (ogl. AusfAnw. Ziff. 116. 
und RNVO. 8 250). Juristische Persönlichkeit erlangt er nur 
durch Beilegung seitens der Landeszentralbehörde. 
Heilfron, Staats= und Verwaltungsrecht. 24
	        
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