Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 4. Das Staatsgebiet. 17 
Entzogen werden kann dem Verbande das Recht eines 
Kommunalverbandes und damit die Rechtsfähigkeit nur im öf- 
fentlichen Interesse durch Bundesratsbeschluß. Sowohl die Ver- 
leihung (und zwar unter Angabe des Namens des Verbandes) 
als auch die Entziehung sind durch den Reichsanzeiger zu ver- 
öffentlichen (RG. vom 3. Juni 1905). 
2. Der Grundsatz, daß alle im Inlande befindlichen 
Personen und Sachen der inländischen Staatsgewalt un- 
terstehen (Gebietshoheit), wird als Territorialitäts- 
prinzip bezeichnet (Quidquid est in territorio, etiam. 
est de territorio); der entgegenstehende Grundsatz, daß 
jeder Staatsangehörige seiner heimischen Staatsgewalt 
untersteht (Personalhoheit), wird Personalitäts- 
prinzip genannt (Quillbet est subditus legibus patriae 
suae et extra territorium). Wieweit, insbesondere auf 
rechtlichem Gebiet, das eine oder das andere dieser Prin- 
zipien gelten soll, ist, wie gesagt, eine Frage der Rechts- 
politik; wie weit diese Prinzipien tatsächlich gelten, ist 
eine Frage des positiven („uinternationalen“) Rechts, 
das teils auf inländischer Rechtsschaffung, teils auf Staats- 
verträgen beruht. Hierbei finden sich auf den verschie- 
denen Entwicklungsstufen und Rechtsgebieten ganz ver- 
schiedene Grundsätze. In Deutschland wird z. B. der 
Ausländer von allen öffentlichen Funktionen grundsätz- 
lich ferngehalten (kein Wahlrecht, keine Heranziehung als 
Geschworener, Schöffe, Vormund), in strafrechtlicher Be- 
ziehung dem inländischen Recht (St GB. 8§ 35), in zivil- 
rechtlicher dagegen vielfach seinem angestammten Recht 
unterworfen (EGBGB. Art. 7 ff.). 
a. An sich könnte jeder Staat kraft der aus seiner Unab—- 
hängigkeit folgenden Autonomie bestimmen, daß für seine 
Angehörigen und für die im Inlande befindlichen Personen und 
Sachen ausschließlich inländisches Recht zur Anwendung kommen 
soll. Dieser Grundsatz läßt sich jedoch, abgesehen davon, daß 
er naturgemäß nur für inländische Rechtsbeziehungen erzwingbar 
wäre, bei der Gestaltung des internationalen Güter= und Per- 
sonenaustausches in der neueren Zeit nicht aufrecht erhalten. 
Jeder Kulturstaat nimmt daher bei der Lösung von Statuten- 
kollisionen, d. h. Widersprüchen zwischen inländischem und 
ausländischem Recht, auf die Billigkeit Rücksicht. So hat das 
Be. (EG. Art. 7 ff., L. 1 § 8) auf fast allen mit der Perfön- 
lichkeit zusammenhängenden Rechtsverhältnissen: Geschäftsfähig- 
keit (Art. 7), Voraussetzungen der Eheschließung (Art. 13), Ehe- 
scheidung (Art. 17), Abstammung (Art. 18 ff.), Erbfolge (Trt. 
37
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.