Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 56. Gesundheits= und Tierpflegewesen. 413 
(Blattern, S. 411) ist die Impfung mit Schutz- 
pocken. 
19) Schon das Regulativ vom 8. August 1835 empfahl 
dringend die Benutzung der Entdeckung Jenners und wirkte 
darauf durch verschiedene Bestimmungen (8 54) hin, ohne aller- 
dings nach dem Vorgange einiger anderer Staaten den Impf- 
zwang allgemein durchzuführen. Die Erfolge der seit 1834 im 
preußischen Heer eingeführten Wiederimpfung (Revaccination) 
machten sich im Kriege 1870/71 derart bemerkbar, daß das Reich 
bald zur reichsgesetzlichen Regelung des Impfwesens schritt. 
2) Das Impfgesetz vom 8. April 1874 (dazu Pr #. 
vom 12. April 1875, das die Bildung der Impfbezirke, die 
Anstellung der Impfärzte und die Kostentragung betrifft) erklärt 
für impfpflichtig in der Regel jedes Kind vor dem Ablaufe des 
auf sein Geburtsjahr folgenden Kälenderjahres und jeden Bög- 
ling einer öffentlichen Lehranstait oder einer Privatschule inner- 
halb des Jahres, in dem er das 12. Lebensjahr zurücklegt 
(§§ 1 ff.). Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, die den nach 
§ 12 auf amtliches Erfordern ihnen obliegenden Nachweis bezüglich 
der Impfung zu führen unterlassen oder deren Kinder oder 
Pflegebefohlene grundlos und trotz amtlicher Aufforderung der 
Impfung oder der ihr folgenden Gestellung (§ 5) entzogen ge- 
blieben sind, sind strafbar (§ 14), und zwar nach Bestrafung 
und erneuter Aufforderung auch im Wiederholungsfalle; der 
Grundsatz ne bis in idem steht richtiger Ansicht nach nicht ent- 
gegen. 
Die vom Landesrechte vorgesehenen Zwangsmittel zur Durch- 
führung polizeilicher Anordnungen sind auch hier zulässig, so- 
in Preußen die zwangsweise Vorführung (vgl. O##. in 838 
10 542). Zwangsimpfungen, auch Erwachsener, sind nach dem 
durch Impf G. 8 18 III, Epidemien G. § 37 III aufrechterhaltenen 
§ 55 des Regulativs vom 8. August 1835 beim Ausbruch einer 
Pockenepidemie statthaft. Unabhängig vom Impfgesetz ist die 
militärärztliche Impfung der Militärdienstpflichtigen nach ihrer 
Einstellung in den aktiven Dienst und die Impfung ausländischer 
Arbeiter nach Maßgabe des Pr Min Erl. vom 13. Juni 1900. 
Das Impfgesetz hat zahlreiche Gegner, die die Zulässigkeit von 
Zwangsmitteln bestreiten und mindestens die Einführung der 
(englischen) „Gewissensklausel“ verlangen, wonach die Impfung 
unterbleiben soll, wenn der gesetzliche Vertreter sie als für das- 
Kind schädlich erklärt. 
38. Verkehr mit Nahrungsmitteln und 
dergleichen.“) 
*) Lebbin-Baum, Deutsches Nahrungsmittelr. * 
Raumer-Spaeth, Vornahme der Lebensmittelkontrolle (07); 
Ostertag, Handbuch d. Fleischbeschau (6. A. 10); Tempel, 
Fleischbeschau (Sachsen, 2. A. 03). «. · 
Kommentare z. FleischbeschauG. von: Ebelmann 
  
 
	        
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