Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

122 § 57. Tas Preßwesen. 
e. Dresse und Vereinswesen.“) 
' §57.DasPreßwef-n. 
a. Die Preßfreiheit. 
Die Preffreiheit, d. h. die von polizeilicher Er- 
laubnis unabhängige Befugnis der Verbreitung von Gei- 
steserzeugnissen durch den Druck, ist erst im 19. Jahr- 
hundert festgestellt worden. · 
1. Bald nach Erfindung der Buchdruckerkunst traten die 
Gewalthaber in Kirche apst Alexander VI.) und Staat der 
freien Verbreitung von Preßerzeugnissen durch das Mittel der 
Zeusur entgegen; d. h. es durfte bei Strafe kein Schriftwerk 
durch die Presse vervielfältigt werden, bevor es den staatlichen 
und kirchlichen Behörden vorgelegt und von ihnen mit Druck- 
genehmigung („Imprimatur“) versehen war. In Deutschland 
wurde die Zensur zuerst 1486 durch den Erzbischof Bertold von 
Mainz, später durch alle Landesherren eingeführt, auch in ver- 
schiedenen Reichsgesetzen (Reichsabschied von 1529, 1530, 1570, 
Reichspolizeiordnung von 1577) anerkannt (Kaiserliches Bücher- 
kommissariat in Frankfurt a. M.). Von diesem, vorgängige Er- 
laubnis erfordernden sog. Prohi bitiv= oder Präventiv- 
systeme ging zuerst England 1694 zu dem entgegengesetzten 
Repressivsystem über, wonach Herstellung und Verbreitung 
von Preßerzeugnissen keiner vorgängigen Erlaubnis bedürfen, bei 
Verstoß gegen Straf= oder Preßpolizeigesetze aber Bestrafung 
und Unterdrückung eintritt. In Deutschland wurde die Preß- 
freiheit durch Art. XVIII der Deutschen Bundesakte in Aussicht 
gestellt. Trotzdem führte das auf den Karlsbader Beschlüssen 
beruhende sog. Provisorische Bundespreßgesetz (aur- 
desbeschluß vom 20. September 1819) die Zensur ein, und später 
wurden sogar alle (auch die zukünftigen) Werke gewisser Schrift- 
steller (Heine, Gutzkow, Laube) verboten. Erst 1848 wurde jedem 
Bundesstaate die Einführung der Preßfreiheit freigestellt, welch 
letztere auch in den „Grundrechten“ (S. 191) gefordert wurde. In 
Übereinstimmung hiermit verbot Pr Vu. Art. 27 die Zensur, und 
auch das Pr. Preßgesetz vom 12. Mai 1851 beruhte auf dem 
Repressivsysteme. Durch die „Preßverordnung"“ vom 
30. Juni 1863 erfuhr das Preßgesetz eine starke Einschränkung; 
die Verfassungsmäßigkeit dieser Notstandsverordnung wurde im 
*) Literatur: Kommentare zum Preß G.: Born (2. A. 
11), Wor (95), Schwarze-Appelius (5. A. v. Wulf- 
fen, . 
Berner, Lehrbuch des deutschen Preßrechts (76); Ebner, 
Das deutsche Zeitungsrecht (08 ff.); Klöppel, Reichspreßrecht 
(94); v. Liszt, Reichspreßrecht (80); Pfeiffer, Das materielle 
Recht der Pflichtexemplare in Deutschland (13); Sten glein, 
Strafrechtliche Nebengesetze bes Deutschen Reichs I (1. A. 11).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.