§ 59. Reichsfinanzwesen. Begriff und Geschichte. 441
2. kirchliche Prozessionen, Wallfahrten und
Bittgänge;
Sie bedürfen, wenn sie in der hergebrachten Art statt-
finden, nach Pr VerG. § 10 keiner Anzeige oder Genehmigung.
Leichenbegängnisse sind dagegen lediglich nach dem Ver G. zu be-
urteilen (vgl. S. 437).
3. Verabredungen ländlicher Arbeiter und
Dienstboten zur Einstellung oder Verhinderung der Arbeit;
Des § 3 des PrE. vom 24. April 1854 ist bereits oben
S. 358 gedacht. -
4. zum Schutze der Feier der Sonn= und Fest-
tage (vgl. oben S. 355): «
Es sind jedoch für Sonniage, die nicht zugleich Festtage sind,
Beschränkungen des Versammlungsrechts nur bis zur Beendigung
des vormittägigen Hauptgottesdienstes zulässig. "·
EIV. Das Reichsfinanzwesen.“)
8 59. Reichsfinanzwesen. Begriff und Geschichte.
a. Begriff der Reichsfinanzwirtschaft.
Unter Reichsfinanzwesen („Reichsfinanz-
wirtschaft“, „Reichshaushalt"“) versteht man die
Gesamtheit derjenigen Einrichtungen und Tätigkeiten,
welche zur Beschaffung, Verwendung und Verwaltung der
zu den Reichszwecken erforderlichen Mittel, insbesondere
des Geldbedarfs, dienen. ·
Da das Reich (vgl. S. 206) den Einzelstaaten gegen—
über ein selbständiges Staatswesen mit gesonderten
Rechten und Verpflichtungen ist, bedarf es zur Erfüllung
seiner Aufgaben und zur Bestreitung der hierzu erforder-
lichen Ausgaben eigener Einnahmen, für deren Bilan-
zierung ein genau geregelter Wirtschaftsplan, der Reichs-
haushalts-Etat (s. unten § 61), erforderlich ist.
Aus der historischen Entwicklung des Reichs als eines aus
der Vereinigung mehrerer Staaten hervorgegangenen Bundes-
*) Literatur: Gerloff, Finanz= u. Zollpolitik (13);
Laband, Direkte Reichssteuern (08); Lippert, Internationales
Finanzrecht (12). Die einzelnen Zoll= und Steuergesetze sind
kommentiert bei Steng lein, Strafrechtliche Nebengesetze des
Deutschen Reichs II (4. A. 12).
Zum Wehrbeitrag: Kommentare von Ferno w (13),
Zimmermann (13), Hoffmann (13); Stier-Somlo,
Wehrbeitrag und Besitzsteuer (13).