8 60. Das Reichsvermögen. 449
Gelde auszudrückenden Ausgaben und Einnahmen im Etat fest-
gestellt würden.
8. Finanzvermögen
(werbendes, wirtschaftliches Vermögen) nennt man
hingegen dasjenige Vermögen des Reichs, welches zu-
nächst nur bestimmt ist, als wirtschaftliche Einnahmequelle,
ohne Rücksicht auf gewisse Staatszwecke, zu dienen, und
dessen Erträgnisse daher einen mehr privatrechtlichen Cha-
rakter haben. Zur Veräußerung von Reichsfinanzver-
mögen bedarf die Regierung staatsrechtlich der Zustim-
mung der gesetzgebenden Faktoren.
Im einzelnen gehören zum Reichsfinanzvermögen
a. Die Reichseisen bahnen in Elsaß-Lothrin-
gen. Ihren Kern bilden die durch Zusatz-Artikel 1 zum Frank-
furter Frieden vom 10. Mai 1871 auf das Reich übergegangenen
Bahnlinien. Der Kaufpreis von 325 Millionen Franks wurde
von der französischen Kriegsentschädigung abgezogen. Das Eisen-
bahnnetz wurde seitdem verbessert und erweitert. Zusammen
mit den Reichseisenbahnen übernahm das Reich durch Pachtvertrag
vom 11. Juni 1872 auch die Wilhelm-Luxemburgbahnen (ur-
sprünglich bis 1912, nach dem Vertrag vom 20. August 1902
bis Ende 1959). Die Verwaltung wird von einer besonderen,
1878 vom Reichskanzleramt getrennten Zentralbehörde, dem
Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisen-
bahnen (in Personalunion mit dem Preußischen Ministerium
der öffentlichen Arbeiten, S. 600), mit einer besonderen General-
direktion in Straßburg geführt.
b. Auch der Reichskriegsschatz im Betrage von 120
Millionen Mark, der von manchen mit den übrigen nicht ver-
zinslich angelegten Fonds des Reichs zum Verwaltungsvermögen
gerechnet wird, ist der französischen Kriegsentschädigung ent-
nommen. Er wird im Juliusturm in Spandau in gemünztem
Golde aufbewahrt und darf nur für die Zwecke der Mobilmachung
verwendet werden. Die Verwaltung führt der Reichskanzler
unter Kontrolle der Reichsschuldenkommission (RG. vom 11. No-
vember 1871 und Kais OL. vom 22. Januar 1874 und 31. März
1897). Eine Fortbildung ist durch die §8§ 6—8 des Finanzgesetzes
vom 3. Juli 1913 (S. 445) in zweifacher Hinsicht erfolgt:
1) Einmal ist der Reichskanzler ermächtigt, bis zur Höhe
von 120 Millionen Mark, weitere Reichskassenscheine (nämlich
außer den bisher ausgegebenen, unten S. 453) zu 5 und 10 Mark
ausfertigen zu lassen. Der Erlös dieser Reichskassenscheine
ist zur Beschaffung eines gleichen Betrags in gemünztem
Golde mit der Zweckbestimmung des Reichkriegsschatzes zu
verwenden, dient also zur Erhöhung der finanziellen Kriegs-
bereitschaft des Reichs. Zur Vereinfachung und Verbilligung
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u. a